Sundern. Die Entscheidung ist gefallen: Frau Natalya Franz aus Sundern, wird für ihr außergewöhnliches soziales Engagement ausgezeichnet.
Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat das Leben für die seit 19 Jahren in Deutschland lebende Ukrainerin Natalya Franz verändert. Im Februar sorgten zunächst tiefe persönliche Betroffenheit und Sorgen um die in der Ukraine lebenden Familienangehörigen für viele vergossene Tränen. Wie viele andere engagierte Menschen in der Stadt Sundern auch, hat sich Frau Franz sofort auf den Weg gemacht, zu unterstützen und zu helfen, so auch immer sie gebraucht wurde. Aus diesem ersten Engagement heraus hat sich in den vergangenen Monaten etwas Außergewöhnliches entwickelt.
Außergewöhnliches Engagement für ukrainische Geflüchtete
Neben ihrem Beruf verbringt Frau Franz täglich zwischen 3 und 4 Stunden damit, die ukrainischen Kriegsgeflüchteten, die derzeit in Sundern einen sicheren Aufenthaltsort haben, in allen Fragen rund um das tägliche Leben zu unterstützen. Dem WhatsApp-Netzwerk, das ins Leben gerufen wurde, gehörten zwischenzeitlich 300 Menschen an. Frau Franz koordiniert und organisiert, bringt die Menschen miteinander in Verbindung und ist mittlerweile die ungekrönte Leiterin dieses Netzwerkes. Neben alltäglichen Fragen wie „Ich brauche einen Augenarzt – wohin kann ich gehen?“ begleitet sie die Kriegsgeflüchteten bei Behördengängen, übersetzt und hilft an allen Ecken und Enden.
Ukrainischer Chor als besondere Form der Gemeinschaft
Doch damit nicht genug: Frau Franz hat es geschafft, den Geflüchteten ein kleines Stückchen Heimat zurückzugeben. Mit Unterstützung von Judith Wachholz, die ihre Räumlichkeiten im Haus des Abschieds zur Verfügung stellt, hat sich ein Chor gegründet, der – mit Ausnahme von Frau Franz – ausschließlich aus geflüchteten Ukrainerinnen besteht.
Bei den regelmäßigen Chorproben werden Traditionen aus der Heimat fortgeführt und ukrainische Volkslieder gesungen. Wenn auch hier oft Tränen geflossen sind, ist in dieser Gemeinschaft ein tiefes Gefühl von Vertrauen und Freundschaft entstanden. Zwischenzeitlich hat es rund 20 Auftritte des Chores gegeben. Beispielhaft seien hier genannt das Friedensfest in Neheim oder die Kapelle des Krankenhausen in Meschede, in dem 8 verwundete Soldaten aus der Ukraine lagen. „Bei jedem Auftritt nehmen wir auch selbst wieder Emotionen mit nach Hause“, so Natalya Franz. „Uns begleiten ständig gemischte Gefühle zwischen Betroffenheit und Glück. Aber gemeinsam geben wir uns auch immer wieder Stärke mit auf den Weg. Das Preisgeld wird selbstverständlich für die Arbeit mit Kriegsgeflüchteten eingesetzt.“
„Seelische Hilfe“ durch vielschichtiges und zeitaufwändiges Engagement
Diese Vielschichtigkeit des Engagements verbunden mit dem hohen zeitlichen Aufwand war für die Jury der Bürgerstiftung der Auslöser, Frau Franz mit dem Martinspreis 2022 auszuzeichnen. „Die Art der Hilfe, die Frau Franz vermittelt, gibt den Menschen ein Heimat- und Zusammenhörigkeitsgefühl. Dies ist deshalb so wichtig, weil diese Menschen meist einsam in einem fremden Land mit fremder Sprache leben. Es ist keine materielle, sondern eine seelische Hilfe“, so Matthias Ostrop, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung. „Gleichzeitig soll diese Auszeichnung stellvertretend sein für die vielen Helfer und vielfältigen sonstigen Hilfen für Menschen aus der Ukraine.“
Alles in allem bleibt festzuhalten: Die Hilfe für Flüchtlinge ist wichtig und kann bereichernd sein. Eines ist sie auf jeden Fall: anspruchsvoll.
Rückblick
Mit dem Martinspreis für besonderes soziales Engagement ausgezeichnet wurden bisher:
- 2009: Walter Müller
- 2010: Altenheim AGs der Haupt- und Realschule Sundern
- 2011: Postorchester Sundern
- 2012: Rentnerband Westenfeld und Saubermänner Amecke
- 2013: Meinkenbrachter Ersthelfer
- 2014: Museumsverein Sundern
- 2016: Bürgernetzwerk Flüchtlingshilfe Sundern
- 2018: Freiwillige Feuerwehren im Stadtgebiet
- 2020. IWB Sundern e. V.
(Quelle: Bürgerstiftung Sundern)