Hochsauerlandkreis. Arnsberg. Es war eine sehr merkwürdige Sitzung des Kulturausschusses, die heute nachmittag im Blauen Haus in der Arnsberger Altstadt stattfand. Das ist übrigens das Gebäude, das neben dem Sauerlandmuseum liegt und für dessen Umbau der Hochsauerlandkreis etwa eine halbe Mio Euro mehr aufbringen musste als geplant, wie wir seit letzter Woche endgültig aus einer Sitzungsvorlage der Kreisverwaltung wissen.
Heute ging es um das Sauarlandmuseum selbst. Vorweg das Ergebnis: 11 der 17 Ausschussmitglieder stimmten für den Beschlussvorschlag der Verwaltung, einige enthielten sich. Die SBL ist in diesem Ausschuss nicht stimmberechtigt. Der Beschluss bedeutet: Hohe Mehrkosten für die Baugrubenabsicherung in Kauf nehmen; hohe Risiken bleiben; sorgfältige Beratung nicht möglich, da viel zu wenig Zeit zwischen Information der Kommunalparlamentarier über die Auswirkungen des neuen Bodengutachtens und der Beschlussfassung zur Verfügung steht; und viele wichtige Fragen bleiben ungeklärt. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass kurz vor der Kommunalwahl das Projekt durchgedrückt werden sollte, koste es was es wolle.
In einem Punkt allerdings war man sich fast einig, denn es gab aus allen politischen Richtungen deutliche Kritik an der Verwaltung, außer von der “Landrats-Fraktion” CDU: Die Kreisverwaltung hatte das neue Bodengutachten bereits am 09.12.2013 vorliegen, informierte Kreistag und Kulturausschuss aber erst mit einer am 12.03.2014 erstellten Sitzungsvorlage. Die angebliche Begründung der Verwaltung für dieses sehr ungewöhnliche Vorgehen: Man habe den Kreistag erst dann informieren wollen, wenn bereits fertige Alternativen vorliegen. Das ist ein sehr merkwürdiges Verständnis von den Informationspflichten von Landrat und Verwaltung gegenüber dem Kreisparlament. Besonders peinlich: Die Verwaltung schreibt in einer Stellungnahme sogar: “Das reine Bodengrundgutachten ist gekennzeichnet durch eine hohe Fachlichkeit und wäre für sich allein genommen keine Entscheidungsgrundlage gewesen.” Das bedeutet im Klartext, die Verwaltung traut den Kreistagsmitgliedern nicht zu, das Gutachten sowohl lesen als auch verstehen zu können. Dabei war es die Verwaltung selbst, die im Jahr 2013 alle Hinweise aus der Politik auf den gefährdeten Steilhang ignorierte… Und laut Kreisordnung ist der Landrat verpflichtet den Kreistag über alle wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten.
Auffällig auch: Nur die SBL nahm vor der Sitzung Einsicht in das neue Bodengutachten; kein anderes Ausschussmitglied kennt den Inhalt bisher. Dabei enthält das Gutachten viele weitere Aussagen und Hinweise, über die noch einmal nachgedacht werden sollte.
Einige Beispiele für die im Ausschuss offen gebliebenen Fragen:
1. Seit wann hatten die Architekten Kenntnis von den wesentlichen Ergebnissen des neuen Bodengutachtens? Dezember 2013, November 2013 (wie in der Präsentation der Architekten geschrieben), oder noch früher? Warum wurde die für dieses Projekt eingerichtete Baukommission des Kreistags nicht unverzüglich einberufen?
2. Wie hoch sind die sich tatsächlich aus der Aufstellung der Architekten ergebenden Mehrkosten des Erweiterungsbaus für die Probleme mit dem Baugrund? (dazu unten mehr)
3. Wie hoch ist die tatsächliche bisher absehbare Steigerung der gesamten Baukosten für Baugrube, Baukörper und technische Ausstattung (Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276) des Erweiterungsbaus? Die Verwaltung schreibt in einer Sitzungsvorlage vom 18.03.2014, die Kosten pro Kubikmeter umbauten Raum für den Erweiterungsbau hätten sich gegenüber ihrer eigenen Angabe im Protokoll der Ausschusssitzung vom 16.05.2013 von bisher 519,65 Euro auf 649,89 Euro erhöht. Das bedeutet eine Steigerung um 25,1%. Wenn sich gleichzeitig durch Umplanungen das gesamte Volumen des Neubaus (nur) um 2% verringert, würden die Gesamtkosten insgesamt um ca. 23% steigen. Bei einem bisherigen Volumen von 5,005 Mio Euro wäre das eine Steigerung um fast 1,2 Mio Euro!! Mehrfache Aufforderungen an die Verwaltung, dies zu erläutern, blieben ohne jede Antwort…
4. Das neue Bodengutachten verlangt für die gesamte Bauphase eine laufende automatisierte Messung des Altbaus auf “Verformungen”. Welche Kosten entstehen dafür, sind diese Kosten eingeplant, welche Folgen könnten diese Messungen haben?
5. Das Bodengutachten hat auch festgestellt, dass im Steilhang das Wasser etwa 1,4 Meter höher steht als das benachbarte Straßenniveau; der Neubau muss daher trockengelegt werden. Wie hoch sind die dafür entstehenden Kosten, und sind sie eingeplant?
6. Die Verwaltung möchte einen Teil der Mehrkosten für die Baugrube aus der Reserve von 300.000 Euro nehmen, die nur für die Risiken beim Umbau im denkmalgeschützten Altbau bestimmt war. Wie läßt sich dies begründen, denn die ursprünglichen Risiken bestehen ja weiterhin?
7. Warum wurden keine sich mehr von den bisherigen Planungen entfernenden Alternativen vorgestellt, um den Steilhang zu schonen, z.B. ein außenliegender Aufzug oder ein Schrägaufzug? Hieran gab es von mehreren Ausschussmitgliedern Kritik.
8. Wie sollen die Kreistagsmitglieder ohne neutrale externe Beratung die schwerwiegende Entscheidung treffen, ob sie von den ihnen vorgestellten Alternativen A oder B bevorzugen, wenn der Architekt auf Frage der SBL bestätigt, dass die Alternative A wegen der damit verbundenen höheren Belastung der “lastabnehmenden Wände” und der “Lastumlagerungen” die risikoreichere Variante ist und lapidar darauf hinweist, “Baugrubenrisiko sei Bauherrenrisiko”?
Besonders merkwürdig war die Erörterung der tatsächlichen Mehrkosten für den Erweiterungsbau. Architekt und Verwaltung behaupten, sie lägen bei 620.000 Euro und warfen dem SBL-Vertreter im Ausschuss vor, er nenne falsche Zahlen. Der hatte aber nur die relevanten Zahlen aus der einschlägigen Seite aus der Präsentation der Architekten in der Baukommission zusammengezählt:
Baugrube und 2. Aufzug: 605.620 Euro
Baukostensteigerung durch längere Bauzeit: 160.707 Euro
Mehraufwand für Planung: 115.000.
Das sind zusammen (alles einschließlich Mehrwertsteuer) exakt 881.327 Euro. In der ersten Position sind die Einsparungen durch das etwas geringere Aushubvolumen schon abgezogen.
Hier die komplette Seite (in 2 Teilen) aus der Präsentation. Ergänzt wurde nur die rote Umrandung der relevanten Zahlen. Zu den 508.924 € als “Zusatzliche Kostenfaktoren Zwischensumme” sind noch 19% Mehrwertsteuer zu addieren, da hier die rechte Spalte nicht ausgefüllt ist; dadurch ergeben sich 605.620 Euro.
Die Baukostensteigerung ergibt sich durch den Vergleich der Kostenindices bei alter und neuer Planung (245.731 € – 110.743 €; plus Mehrwertsteuer).
Der Mehraufwand für die Planung in Höhe von 115.000 Euro steht an anderer Stelle in der Präsentation.
Die letzten beiden Positionen sind (bis auf geringe Rundungsdifferenzen( unstrittig. Die Different kommt daher, dass Verwaltung und Architekten behaupten, die “Baukosten KG 200 – 400″ würden nur um 345.000 Euro ansteigen. Selbst wenn man die durch “Reduzierungen im Bauvolumen” des Erweiterungsbaus einzusparenden 79.725 Euro abzieht, bleiben für die Position immer noch 525.894 Euro und eine Kostensteigerung von insgesamt 801.602 Euro!!
(Anklicken vergrößert die Bilder)
Bedenklich war auch, dass der Ausschussvorsitzende (CDU-Kreistagsmitglied) dem SBL-Vertreter verweigerte, die Quellen darzustellen. Wer hat da vor was Angst?
Quelle: Sauerländer Bürgerliste (SBL)