Mit einem Freund an der Seite, ist kein Weg zu lang…

Marita Gerwin

Arnsberg. Zu Fuß sind sie zwei Kilometer gewandert. Froh gelaunt, mit Löwenzahnblüten und Schlüsselblumen in den Händen, die sie am Wegesrand gepflückt haben, hüpfen sie rein ins KommA.

Ein Dutzend Kindergarten-Kinder aus dem Herdringer „Krähennest“ besuchen Ihre hochbetagten Freunde im Kommunikationszentrum des Caritas-Altenheims Klostereichen in Hüsten.

„Schau mal, diese Blumen sind für Dich“.

Enni, schenkt der 86 jährigen Dame ihren Blumenstrauß. „Dankeschön, das freut mich aber“, antwortet diese und streichelt Enna liebevoll über ihr schulterlanges Haar. Beide lächeln. Auch Kilian. Marc, Liselotte, Aimy überreichen ihre Feld-Wald-und Wieseblumen den Bewohner des Altenheims. 80, 85, 90, 95 Jahre trennen sie voneinander. Was solls? Niemand fragt hier nach dem Alter. Das einzige was zählt, ist die Freude am gemeinsamen Tun.

“Heute wird’s ein schöner Tag“ flüstert ein graumelierter Herr seiner Nachbarin im Stuhlkreis zu. „Mit einem Freund an der Seite, ist kein Weg zu lang“, antwortet diese bedeutungsvoll. Er nickt.

Die muntere Kinderschar wirbelt durch den Raum. Die 6-Jährigen laufen wie kleine Wirbelwinde hier hin und da hin. Sie begrüßen Jeden. „Hallo, da sind wir!“ In den Gesichtern der Senioren steht geschrieben „Schön, dass ihr da seid. Herzlich willkommen.“ Ganz unbefangen setzt sich ein kleiner Strahlemann neben eine ältere Dame. Er tätschelt ihre faltigen Hände. Sie genießt diese warmherzige Berührung offensichtlich sehr.

„Schauen sie mal, was wir Ihnen heute aus dem Kindergarten mitgebracht haben: ganz viele Blüten aus Tonpapier, bunte Transparentpapier-Schnipsel, Pinsel, Kleister und jede Menge gute Laune. Wir möchten gern mit Ihnen und den Kindern Fensterbilder basteln. Haben Sie Lust dazu?“, fragt die Erzieherin Frau Düllberg in die Runde. „Oh, ja, das ist super!“ antworten die Kinder begeistert noch ehe die Senioren überhaupt reagieren können. Sie „scharren“ schon mit ihren flinken Füßen, klettern von den Stühlen herunter. Auf gehts!

Schwuppdiwupp schieben und rücken sie die Rollstühle und Rollatoren näher an die Tische heran und los gehts.Von Berührungsängsten keine Spur. An jedem Tisch tummeln sich bastelwütige große und kleine Leute. Sie haben viel Spaß miteinander. Sie lachen, erzählen und helfen sich gegenseitig. Es entwickeln sich nette Dialoge zwischen diesen ungleichen Generationen, die inzwischen gute Freunde geworden sind.

Kilian fragt seine Nachbarin Frau S. im lila Pullover „Wohnst Du hier im KommA? Hast Du ein eigenes Kinderzimmer mit Fernsehen und Computer und so? Zeigst Du mir das mal? Da war ich noch nie! Ich habe eine Idee: Wir hängen diese schöne Blüte in Deinem Zimmer auf. Was meinst Du, wie toll das aussieht, wenn Du morgens wach wirst und die Sonne durch das kunterbunte Fensterbild in Dein Bett blinzelt.“ Seine Wangen glühen vor Begeisterung.

„Oh, ja, willst Du mir die schöne Blume wirklich schenken? Darüber freu ich mich sehr. Die sieht bestimmt toll aus an meinem Fenster“, antwortet sie.

„Guck mal, die Farbe passt genau zu Deinem lila Pullover“, stellt Lieselotte fest. „Los komm, ich möchte gern wissen, wo Du wohnst. Dann kann Dich doch auch zwischendurch öfter mal besuchen, wenn ich mit Papa und Mama spazieren gehe“, ruft Kilian in die Runde. Enni, Lars und Kilian nehmen die Dame an die Hand und ziehen mit ihr von dannen. Die gebastelten Blüten und eine Rolle Tesafilm in der Hand.

 

Am Ende eines langen Flures bleibt Frau S. stehen. „Hier ist mein Zuhause“, sagt sie zu den Kindern. Enni öffnet behutsam die Tür. Ihr Blick fällt sofort auf den Teddy, der es sich im Bett gemütlich macht. „Oh, wie schön. Du hast ja auch einen Teddy. Ich nehme meinen Teddy jeden Abend mit ins Bett und erzähle ihm alles“.

Die zwei Jungs stürmen gleich auf den gemütlichen Sessel zu und drücken spontan auf den dahinter leuchtenden roten Knopf. „Kuck mal, der blinkt!“, freuen sie sich. „Oh, jemine, jetzt habt ihr den „Not-Knopf“ gedrückt“. ruft Frau S. besorgt. Die drei Knirpse kichern vergnügt. “Was passiert denn jetzt? Kommt die Feuerwehr?“ wollen sie wissen. Kurze Zeit später schon klopft es an der Tür. Jetzt wirds spannend! Sie sagen es nicht, aber ihren Gesichtern ist anzusehen, dass sie den Feuerwehmann mit dem Wasserspritze erwarten. Eine freundliche junge Altenpflegerin betritt das Zimmer und fragt „Kann ich Ihnen helfen? Ist etwas passiert Frau S.?“

Die Kids glucksen vor Vergnügen. Erstaunt fragt einer der Jungs „Hat hier jeder seine eigene Schwester? Meine Mama kommt nicht so schnell, wenn ich sie rufe. Ich will auch so einen „Not-Knopf“ in meinem Zimmer haben! Dann kommt Mama ganz fix und bringt mir was zu schnuckeln, wenn ich Hunger auf was Leckeres habe“. Alle amüsieren sich köstlich. Eine Situationskomik par excellence!

Mit vereinten Kräften kleben die drei Knirpse anschließend vergnügt die Blüten an die Fensterscheiben. Ein Sonnenstrahl fällt direkt auf das Bett. „Siehst, Du Frau S. das sieht doch toll aus. Jetzt denkst Du immer an uns, wenn Du morgens die Augen aufschlägst.“ Frau S. strahlt. Ein wunderbarer Augenblick. Einfach unvergesslich!

Es klingt so selbstverständlich. Ist es aber nicht.

Die drei Knirpse schlendern mit Frau S. an der Hand zurück ins KommA. Dort warten die anderen Kinder und Senioren schon. Spontan stimmen sie ein in den Abschiedssong „Alle Leut, alle Leut gehn jetzt nach Haus…“ Ein Ritual, dass ihnen vertraut ist. Sie schütteln viele Hände, winken und machen sich auf den Heimweg. Dieses Mal nicht zu Fuß. Die Eltern der Kinder stehen mit ihren Autos am KommA bereit. Hüpfend und singend steigen die Kinder ein. Es gibt viel zu erzählen, denn wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über…

Ein Kamerateam des MDR-Fernsehen, Mitteldeutscher Rundfunk aus dem MDR-Sendehaus in Erfurt hat die Kinder bei ihrem Besuch im Caritas-Altenheim Klostereichen begleitet. Die Reportage von Ria Weber wird in der Rubrik: Exakt – Die Story im MDR FERNSEHEN am 07.08.2013 um 20:45 Uhr ausgestrahlt.