Kulturelle Unterschiede wahrnehmen und ihre Wurzeln verstehen

Beim Ökumenischen Schulleiterempfang kamen Experten aus der Flüchtlingsarbeit zu Wort.

Meschede. „Uns liegt sehr daran, mit Ihnen in Kontakt zu sein“, begrüßte Superintendent Alfred Hammer vom Ev. Kirchenkreis Arnsberg Mitte März circa 20 Schulleiter und Schulleiterinnen von Regelschulen und Berufskollegs im Hochsauerlandkreis. Die katholischen Dekanate waren vertreten durch den Hüstener Pfarrer Daniel Maiworm und die beiden Referenten Michael Kloppenburg und Josef Mündelein. Pfarrer Ulrich Homann, evangelischer Schulreferent, hatte Franziska Pich und Elisabeth Patzsch, beide evangelische Beauftragte für die ehrenamtliche Arbeit mit Flüchtlingen, und Diakoniepfarrer Peter Sinn als fachkundiges Team eingeladen, das den Anwesenden erklärte, wie es zu Missverständnissen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen komme und wie man mit diesen konstruktiv umgehen könne. „In Kirche und Schule beschäftigt uns die Flüchtlingsfrage“ stellte Hammer fest und berichtete vom Marsberger Runden Tisch für Flüchtlingsarbeit, dass häufig Lehrer und Lehrerinnen unter fehlenden Schulerfolgen von Flüchtlingskindern leiden. „Das erschwert dann natürlich auch die Vermittlung in Ausbildungs-und Arbeitsplätze“.

Kleingruppen diskutierten über Kulturunterschiede, an denen sich immer wieder Missverständnisse und Konflikte entzünden: Im westlichen Raum leben wir nach dem Konzept des Individualismus, während Menschen aus dem türkischen und arabischen Lebensraum die Gemeinschaft dem Wert der Einzelperson voranstellen. Bei ihnen ist das Konzept Großfamilie das bestimmende Lebensmodell, während die westliche Kultur die Kernfamilie vorzieht. Außerdem ging es um den Umgang mit Schuld, Zeit und Identität. „Welche Themenfelder kennen Sie aus der Schule?“ fragte Sinn.
Anschließend referierte Elisabeth Patzsch über Kommunikationsfallen in der interkulturellen Begegnung. Die studierte interkulturelle Pädagogin nannte Gründe für die Existenz von an die 1000 Missverständnisse, die die Verständigung zwischen Deutschen und türkisch oder arabischstämmigen Menschen erschweren. Wichtig sei es, diese Grenzen der Verständigung wahrzunehmen, darüber ins Gespräch zu kommen und zu entscheiden, welche Unterschiede sich beheben lassen und welche ausgehalten werden müssen. Toleranz gegenüber und Wertschätzung von Unterschieden helfen, Vertrauen zwischen Menschen aufzubauen, die sich fremd sind. Gleichzeitig müsse es klare Signale geben, welche Regeln in unseren Schulen gelten und was Disziplinierungen bedeuten.

Patsch berichtete: Eine Lehrerin habe den gesenkten Blick eines Schülers, der Mist gemacht hatte, als Trotz und Verweigerung gedeutet. In seiner Kultur aber bedeutet der Blick, dass er der Lehrerin Respekt bezeugt. In seiner Kultur spricht man nicht mit Kindern über Vergehen. „Kinder können das nicht begreifen. Sie lernen durch Strafen“, ist die Maxime dort. Und: Eltern delegieren Erziehungs-und Bildungsverantwortung an die Schule. So solle man sich nicht wundern, wenn Eltern mit Migrationshintergrund bei Elternabenden im Kindergarten oder in der Schule fehlen. „Sie nehmen das einfach nicht wichtig.“
Franziska Pich moderierte die Veranstaltung. Ein Fazit: Wir brauchen Menschen, die Kulturunterschiede den jeweils Fremden in ihr Leben übersetzen. Patzsch: „Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht mit Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen und selbst in unterschiedlichen Kulturen gelebt haben. Sie können Brücken bauen zwischen Menschen, die einander fremd sind.“ Aus dem Publikum kam ein positives Votum: „Wir vergessen schnell all die guten Erfahrungen, die wir mit Fremden machen, die schweren bleiben uns in Erinnerung.

Das Schwere zu beachten und das Schöne an kulturüberschreitenden Beziehungen wahrzunehmen und daraus Energie zu ziehen – das lässt darauf hoffen, dass in Zukunft immer mehr Missverständnisse geklärt werden. Patzsch: „Von Flüchtlingspaten höre ich immer wieder: „Wir bekommen viel mehr als das, was wir geben.“ Umfragen unter Schülerinnen und Schülern zeigen, dass die meisten Jugendlichen den Kontakt mit Fremden für selbstverständlich halten.
Die Veranstaltung endete mit lebhaften Gesprächen bei herzhafter Suppe und schmackhaftem Nachtisch. So lösten die Gastgeber ihr Versprechen ein, ihre Gäste an Leib und Seele zu stärken.

Text und Bilder: KKB