Arnsberg / Warstein Vor einem Jahr, im August 2013, kam es in Warstein zu einem der größten Legionellenausbrüche in Deutschland. Über 160 Menschen sind damals erkrankt und mussten im örtlichen Krankenhaus behandelt werden. Zwei Menschen sind an den Folgen der Infektion gestorben.
„Uns ist bewusst, dass die Auswirkungen des Legionellenausbruchs auch heute noch spürbar sind“, betont Herr Regierungspräsident Dr. Bollermann ein Jahr nach der für die Betroffenen und die Stadt Warstein belastenden Situation. „Einige der damals Erkrankten leiden nach wie vor unter Spätfolgen, Angehörige trauern um ihre Verstorbenen. Ihnen gilt unser Mitgefühl.“
Ein Legionellenausbruch darf sich in Warstein nicht wiederholen. Darin sind sich die Mitglieder des durch die Bezirksregierung Arnsberg geleiteten „Arbeitskreises Legionellen“ einig. In den vergangenen Monaten hat der Arbeitskreis mit Vertretern des Landesumweltministeriums, des Kreises Soest und der Stadt Warstein sowie des Ruhrverbandes und der Warsteiner Brauerei ein anlagenbezogenes Sanierungskonzept für den Abwasser- und Gewässerbereich entwickelt und abgestimmt. Es wird langfristig die Sofortmaßnahmen ersetzen, die in der akuten Phase des Legionellenausbruchs getroffen worden und bis heute aufrechterhalten worden sind.
Legionellen sind ubiquitär, d.h. sie sind – wenn auch in zumeist geringen Konzentrationen – nahezu allgegenwärtig. Die Maßnahmen des Sanierungskonzeptes folgen dem Präventionsgedanken und zielen darauf ab, das Wachstum von Legionellen bei der Ableitung von Abwasser und im gesamten Klärprozess weitestgehend und nachhaltig zu verhindern. Die Vorklärung der Brauereiabwässer wird auf dem Gelände der Warsteiner Brauerei vollständig aufgegeben. Die Brauereiabwässer werden zukünftig direkt über ein geschlossenes Kanalsystem – und getrennt von häuslichem Abwasser sowie Niederschlagswasser – der Kläranlage des Ruhrverbandes zugeleitet. Die Kläranlage des Ruhrverbandes wird mit Blick auf die damit verbundenen veränderten Eingangsgrößen an die Abwasserbehandlung umgebaut. Alle Maßnahmen sollen im Herbst 2015 abgeschlossen sein.
Das Sanierungskonzept im Einzelnen:
Warsteiner Brauerei:
Die biologische Vorklärung des Abwassers auf dem Brauereigelände wird Ende August 2014 eingestellt. Das Betriebsabwasser wird künftig nur noch homogenisiert, d.h. hinsichtlich der Menge und der Schmutzfracht vergleichmäßigt, und der Kläranlage des Ruhrverbandes zur Behandlung zugeleitet. Die Abwasserbecken werden bis Anfang September 2014 mit stabilen, für eine lange Lebensdauer ausgelegten Hauben aus Hartkunststoff dauerhaft abgedeckt. Eine Biofilteranlage wird die Abluft unter den Hartkunststoffhauben abziehen und Gerüche und potenzielle Bakterien filtrieren.
Im Zusammenhang mit der Kanalsanierung im Stadtgebiet Warstein wird auch das auf dem Betriebsgelände liegende kurze Stück des städtischen Kanals in enger Zusammenarbeit mit der Stadt Warstein in eine Druckleitung umgebaut.
Stadt Warstein:
Der Verbindungskanal zwischen der Warsteiner Brauerei und der Kläranlage des Ruhrverbandes sowie weitere Kanalabschnitte werden im Zeitraum September 2014 bis Juni 2015 grundlegend umgebaut bzw. neu errichtet. Die Entflechtung der unterschiedlichen Abwasserströme erfolgt durch einen Kanalneubau in den Abschnitten Homerttrift und Mühlenecke/Rangestraße sowie durch den Einsatz des sog. Inliner- und des sog. Reliningverfahrens in den übrigen betroffenen Kanalabschnitten. Dazu wird beim Inlinerverfahren eine Art Schlauch (PE-Inliner) in das Kanalrohr eingezogen, der sich nach dem Einzug aufrichtet, an die Innenwand des Kanals andrückt und durch UV-Licht ausgehärtet wird. Beim Reliningverfahren werden Kunststoff-Rohre (PE-Rohre) mit einem kleineren Querschnitt direkt in die Altleitung eingezogen. Der verbleibende Ringraum wird anschließend mit Spezialmörtel verfüllt. Bei beiden Verfahren bildet sich ein formschlüssiges und statisch tragfähiges Gesamtsystem. Im Laufe der Sanierung werden die vorhandenen Grundstücksanschlüsse und Abwasserableitungen sukzessive an die neu gebauten Kanalabschnitte bzw. an den im Stadtgebiet vorhandenen Mischwasserkanal angeschlossen.
Im Zuge der Sanierung wird ein Großteil der vorhandenen Schächte des Verbindungskanals zwischen der Warsteiner Brauerei und der Kläranlage des Ruhrverbandes aufgegeben. Nur zu Reinigungszwecken werden eingeplante Revisionsöffnungen, die in Abhängigkeit von durchführbaren Spülabschnitten festgelegt werden, später einmal geöffnet.
Ruhrverband:
Ende Juli 2014 wurde die bisher betriebene UV-Anlage durch eine neue, größer dimensionierte UV-Anlage ersetzt. Dadurch wird auch weiterhin gewährleistet, dass das Wasser, welches die Kläranlage verlässt nahezu frei von Legionellen ist. Aktuell wird eine Hochlastbelebung errichtet, die der vorhandenen Belebung vorgeschaltet wird. Die Hochlastbelebung erhöht die Behandlungskapazität der Kläranlage deutlich und ermöglicht es, biologisch nicht vorbehandeltes Abwasser zu übernehmen. In diesem Zusammenhang wird die vorhandene Zwischenklärung grundlegend umgebaut, die Zulaufleitungen erneuert, Belüftungsanlagen installiert und eine Abluftreinigung errichtet. Diese Maßnahmen werden bis Ende August 2014 abgeschlossen sein.
Im Anschluss hieran wird eine spezielle anaerobe, d.h. ohne Sauerstoff arbeitende Behandlungsstufe errichtet. Vorteile dieser Verfahrenstechnik sind die für Legionellen wachstumshemmenden Bedingungen, der geringe Platzbedarf und die Gewinnung von Biogas. Dieses kann zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Hierzu werden ein zusätzlicher Gasbehälter und zwei neue Blockheizkraftwerke errichtet. Diese Anlagen werden nachderzeitigen Planungen im Herbst 2015 in Betrieb genommen werden.
Gewässeruntersuchungen:
Seit September 2013 werden Wideybach, Langen Bach, Range, Wästerbach und Möhne regelmäßig beprobt. Durch die seinerzeit eingeleiteten Sofortmaßnahmen, insbesondere den Einsatz einer UV-Anlage am Ablauf der Kläranlage des Ruhrverbandes, ist die Konzentration der Legionellen im Gewässer insgesamt betrachtet rückläufig. Auch während der Sanierungs- und Umbauphase wird der Verlauf der Legionellenkonzentration weiterhin genau beobachtet werden.
Mit einer dauerhaften Abschwächung und der Absenkung auf ein konstant niedriges Niveau wird gerechnet, wenn alle Maßnahmen an den Abwasserbehandlungsanlagen und am Kanal durchgeführt worden sind. Die Analyseergebnisse dienen als Entscheidungsgrundlage zur beabsichtigten Aufhebung der immer noch bestehenden Allgemeinverfügung zur Regelung der Wasserentnahme und der Entnahmeverbote.