Henkersbeil und Liebeszauber – 30 geführte Wege durch das mittelalterliche Arnsberg

Henkersbeil und Liebeszauber – 30 geführte Wege durch das mittelalterliche Arnsberg

Arnsberg (Hochsauerland) Des Henkers Blick trifft düster den Nachtwächter: „Ich hab‘ lange Arbeitstage und du schreist in meinen Schlaf, was die Uhr gerade geschlagen hat!“ „Ich mach‘ auch nur meinen Job, und wenn du schon nach dem Hahnenschrei dein Henkersbeil schleifst, ist das auch keine Frühstücksmusik!“ Keine Sorge, hier kommt es nicht gleich zum Äußersten – hier treffen sich in Arnsberg nur gerade die unterschiedlichsten Stadtführer zur Themenbesprechung für ihre wundersamen Wege durch die engen Gassen.

Die Geschichte der Grafen, Kurfürsten und Preußen, die das Stadtbild geprägt haben, ist ergiebig und wartet förmlich darauf, in Szene gesetzt zu werden. Mehr als 120.000 Gäste begrüßte der Verkehrsverein Arnsberg seit 2003 zu seinen thematischen Stadtführungen. Begonnen hat der Stadtführungsboom, als nach einer mehrmonatigen Ausbildung ein ganzes Team von Gästebegleitern mit neuen Ideen eingesetzt wurde. Die wechselhafte Stadtgeschichte wird inzwischen in über dreißig verschiedenen erlebnisreichen Themenführungen eindrucksvoll präsentiert. Dabei werden die Gäste nicht selten zu Protagonisten der historischen Ereignisse.

Besonders die Lange Nacht der Stadtführungen, die Mauerschau oder der Stadtführungsmarathon mit einem 48-stündigen Non Stopp Programm brachten Arnsberg das Attribut „Mekka der Stadtführungen“.

Für Blicke hinter die Kulissen sind die Besucher besonders zu haben, und dazu gibt es immer wieder die Gelegenheit. „Hohe Türme und tiefe Keller“, „Grusel, Schauer, Geisterstunde“ oder die „Türme-Tour mit dem Türmer“ bieten sich insbesondere für Nachtschwärmer an. „Stöckelschuh und Spitzenhaube“ thematisieren das Leben von Frauen in Arnsbergs Geschichte, verbunden mit kleinen kulinarischen Überraschungen, die unterwegs geboten werden. Die „Tour d’amour“ entführt zu einem romantischen Rendezvous mit Arnsberg: Hier entdeckt man die schönsten Orte der Stadt und hört bei einem Glas Sekt die spannendsten Liebesgeschichten und wundervolle Liebeslyrik.

Erklärtes Ziel des im Juni 2004 mit überwältigendem Erfolg durchgeführten Stadtführungsmarathons war es, aus dem Erlös ein „Triller- oder Narrenhäuschen“ anzuschaffen. Dieser übergroße runde „Vogelkäfig“ stand auf mittelalterlichen Marktplätzen zur Ahndung leichterer Kriminalvergehen und Zivilsachen. Auch in Arnsberg wurden Garten-, Feld- und Marktdiebe, Rauf- und Trunkenbolde sowie unzüchtige oder streitsüchtige Frauen zur Strafe in einen solchen beweglichen Käfig eingesperrt und öffentlich beim „Trillen“ – dem schnellen Drehen – zur Schau gestellt. Diese Ehrenstrafen waren echte Akte der Volksjustiz, wurden also von den Stadtbewohnern selbst vollzogen. Stadtbesucher können in dieser Trille oder auch in der Halsgeige erfahren, was es bedeutete, dem Hohn und Spott der Bevölkerung ausgesetzt zu sein. Historische Gestalten in den Originalkostümen ihrer Zeit beleben das Stadtbild häufig mehrmals am Tag und auch in den Abendstunden, wenn eine romantische Laternenwanderung oder der Bummel durch Arnsbergers Altstadtschänken beginnt. Dem Ruf des Nachtwächters, der sein Domizil im Glockenturm hat, folgen Jahr für Jahr mehrere hundert Besucher auf dem Weg durch die dunklen Gassen.

Einzigartig in Arnsberg ist die „Mauerschau“, ein ganz außergewöhnliches Erlebnis in den engen Gassen rund um die Altstadt. Wie ein Theaterpublikum sehen die Gäste als Live-Beobachter sechs verschiedene Szenen aus mittelalterlicher Zeit. Die Zuschauer lauschen im romantischen Museumshof den nächtlichen Liebesschwüren einer Adelsfrau. Sie begegnen aber auch einer Mutter, die in einer mitreißenden Darstellung den Pesttod ihrer Kinder beklagt und erleben eine aufgebrachte Arnsbergerin, die ihren volltrunkenen Ehemann als Wächter des Mäuseturms „heimsucht“. Auch einer mittelalterlichen drastischen Gerichtsszene am Oberfreistuhl, dem Originalschauplatz früherer Rechtssprechung, wohnen die Gäste bei.

Die Arnsberger Stadtrundgänge können in den Sprachen deutsch, englisch, französisch, italienisch und seit einiger Zeit auch in Niederländisch angeboten werden. Für das laufende Jahr haben sich mehr als zwanzig Busreisegruppen mit rund 1.100 niederländischen Gästen angemeldet.

Die nächsten Termine: Donnerstag, 31. Oktober 2013 um 20 Uhr „Grusel, Schauer, Geisterstunde“ Freitag, 1. November 2013 um 20 Uhr „Rundgang mit dem Nachtwächter“ Freitag, 8. November 2013 um 18 Uhr „Romantische Laternenwanderung“