Sundern (Hochsauerland) Ein heißes Thema fasste der Sunderner Heimatbund bei seiner Mitgliederversammlung am Donnerstag, 22.03.2013, in Westenfeld an.
Nach dem gemeinsamen Kohlessen und den Regularien, bei denen der Vorstand mit Dr. Fritz Schulte-Kramer an der Spitze komplett in seinen Ämtern bestätigt wurde, füllte sich der Saal zusehends mit Interessierten, die sich über die Straßenbenennungen in Sundern informieren wollten.
In den vergangenen Wochen hatte es schon viele Diskussionen gegeben, da die Grünen im Stadtrat eine Umbenennung von Maria-Kahle-Straße, Karl-Wagenfeld-Straße und Georg-Nellius-Straße beantragt hatten. Allen drei wird eine direkte Nähe zu den völkischen Gedanken der Nazis nachgesagt.
Peter Bürger, Theologe aus Eslohe, hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und trug seine Erkenntnisse zu den drei Personen informativ und engagiert vor.
Karl Wagenfeld war Lehrer und Mitbegründer des Westfälischen Heimatbundes. Er trat schon kurz nach der Machtübernahme Hitlers aus voller Überzeugung in die NSDAP ein und versuchte den Heimatbund eng an die nationalsozialistischen Grundideen heranzuführen. Besonders der Rassebegriff der Nazis lag ihm am Herzen, er sah die Westfalen als die Elite unter den Ariern. Wegen seiner ausgeprägten Nähe zu den Nazis benannte die Stadt Münster schon 2011 ihre Wagenfeldstraße um.
Georg Nellius ist bei uns vor allem als Komponist von Chorwerken bekannt und beliebt. Er initiierte den „Künstlerkreis“ als einen den Nationalsozialisten nahestehenden Künstlerbund. Nellius erhielt während der Nazidiktatur mehrere Künstlerpreise. In seinem „Westfälischen Liederbuch“ huldigt er ausschweifend dem Führerkult, Hitler erscheint als Gott ähnliches Wesen. In einer Zeitschrift wurde er ausdrücklich als „Hitlermann“ gewürdigt. Als Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund und ab 1937 auch in der NSDAP versuchte er Einfluss auf die „völkische Erziehung“ zu nehmen. Erst 1949 wurde er entnazifiziert und konnte anschließend noch bis zu seinem plötzlichen Tod 1952 als Chorleiter arbeiten.
Obwohl eine NSDAP-Mitgliedschaft für Maria Kahle nicht nachgewiesen werden kann, so war sie doch am stärksten in den Ideen des Nationalsozialismus verankert. Sie galt lange als eine der größten Dichterinnen des Sauerlandes, obwohl sie hier nicht aufgewachsen war und erst spät ihren Wohnsitz in Olsberg nahm. Schon während ihrer Zeit in Brasilien vor dem 2. Weltkrieg betrieb sie Kriegspropaganda für das Deutsche Reich, sammelt Spenden für rechtsgerichtete Organisationen und nach ihrer Rückkehr nach Deutschland verstärkt sich ihr Engagement noch. Sie schloss sich dem judenfeindlichen „Jungdeutschen Orden“ an und beklagte den gescheiterten Münchner Putsch von 1923 mit flammenden Worten. Während der Nazizeit wurde sie zu einer den meistgedruckten Lesebuchautoren und war für Auslandspropaganda zuständig. Nach 1945 distanzierte sie sich wie auch die anderen „völkischen“ Dichter nicht von ihren Schriften, sondern hoffte auf ein „gnädiges Vergessen“.
Weitere ausführliche Informationen zu dem Thema findet man unter
http://www.sauerlandmundart.de/pdfs/daunlots%2060.pdf
In Eslohe und Olsberg benannten in den vergangenen Monaten die Stadträte einstimmig die betreffenden Straßen um. Darauf hofft man nun auch in Sundern.
Verbunden sein müsste diese Umbenennung allerdings mit einer intensiven Aufklärung der Bevölkerung, besonders in den betroffenen Straßen, da waren sich alle Besucher einig.
Auch wenn einige der Teilnehmer die Diskussion lieber ruhen lassen würden, so muss nun doch der Stadtrat tätig werden, denn nun kann man nicht mehr sagen, man habe vor all dem nichts gewusst.