Deutsch–Französische Freundschaft am Beispiel Paderborn – Le Mans

Hochsauerlandkreis. Brilon. Meschede.

Deutsch–Französische Freundschaft ist kein „Projekt“ des 20. Und 21. Jahrhunderts. Bemerkenswerte Beispiele von gelebten und gepflegten Beziehungen zwischen französischen und deutschen Städten und Regionen reichen bis weit ins Mittelalter zurück.

Die Partnerschaft Paderborn – Le Mans begann sage und schreibe vor 1180 Jahren, genau gesagt im Jahr 836. Und sie besteht bis heute. Ist das nicht sagenhaft?

Als Gereon Fritz, der Präsident der Vereinigung Deutsch-Französischer Gesellschaften für Europa e.V. (VDFG), auf Einladung der Freunde der Völkerbegegnung (FdV) über die Bedeutung der Städtepartnerschaften referierte, bezog er sich zunächst auf die Krisen der Gegenwart. Erschütternde Bilder von geflüchteten Menschen, von den Anschlägen in Paris, Brüssel und anderen Städten. Gereon Fritz sprach von einem reichen, doch zerrissenen und in nationale Egoismen zurückfallendes Europa.

Sehr früh hätten europäische Städte und Gemeinden, die eine Partnerschaft mit einer anderen Stadt eingegangen sind, durch und mit diesem Handeln begonnen, Gemeinsamkeiten zu entdecken, aber auch Unterschiede der Kulturen zu leben. Die Menschen hätten dann begriffen, dass diese Unterschiede eine Bereicherung werden können. Solche Gemeinden täten sich in der Regel wesentlich leichter fremde Menschen willkommen zu heißen und erfinderisch zu deren Integration beizutragen.

Gereon Fritz resümierte, die Zeit der Städtepartnerschaften sei keineswegs erledigt oder obsolet, im Gegenteil! Zwischen Deutschland und Frankreich bestünden ca. 2.300 Partnerschaften. Das Land NRW habe beispielsweise eine Verbindung mit dem Nord/Pas des Calais, die Stadt Meschede eine Beziehung zu Le Puy-en-Velay und der Ort Freienohl zu Cousolre/Pas de Calais.

Von der Gegenwart zur Geschichte: Der Präsident der VDFG sieht die Anfänge der Beziehungen zu Frankreich in der Zeit Karls des Großen. 799 hält Karl einen Reichstag in Paderborn ab. Dort empfängt er Papst Leo III., der aus Rom nach Paderborn geflohen war. 799 wird zum Gründungsjahr des Bistums Paderborn. Die junge Diözese Paderborn erhält u.a. als königliche Schenkung die Abtei Sankt Medardus nahe Le Mans im Frankenland. 815 wird der Sachse Badurad Bischof von Paderborn. 832 wird Aldrich, der väterlicherseits ein Sachse und mütterlicherseits ein Bayer ist, zum Bischof von Le Mans gewählt. Multikulturell ist das Herz Europas anscheinend schon damals!?

Anno 836 beruft Ludwig der Fromme einen Reichstag nach Aachen ein. Die Beschöfe Badurad und Aldrich nehmen teil. Offenbar wird zu dieser Zeit über die Übertragung der Reliquien des hl. Liborius von Le Mans, der im Jahr 397 verstorben war, nach Paderborn beschlossen. Der Altar des Bischofssitzes sollte durch die Reliquien geweiht werden. Manche schriftlichen Quellen aus dieser Zeit sind anscheinend verloren gegangen. Jedoch 1011 wird Liborius zum ersten Mal als Dompatron in Paderborn genannt. Doch seit Beginn des neuen Jahrtausends findet sich der Name des hl. Liborius immer wieder immer wieder in Dokumenten des Paderborner Domkapitels. Daraus ergeben sich auch Rückschlüsse auf die fort dauernden guten Beziehungen von Paderborn und Le Mans. Vier Jahrhunderte sind leider nicht dokumentiert. Über die Beziehungen in der Zeit zwischen 1243 und 1647 herrscht Ungewissheit.

Erst ab Ende des Dreißigjährigen Krieges lassen sich die Beziehungen zwischen Le Mans und Paderborn wieder nachvollziehen. So wissen wir auch, dass während der französischen Revolution Tausenden von flüchtenden Franzosen Asyl in deutschen Landen gewährt worden ist. Allein im Hochstift Paderborn haben demnach 2.500 Geflüchtete ein neues Zuhause gefunden. Auch der hohe Klerus und viele Priester hatten um Asyl in Paderborn ersucht. So lebten hier Kardinal de Montmorency aus Metz, der Bischof aus Amiens, der Bischof von Le Mans und etliche andere hohe christliche Würdenträger. Der Bischof von Le Mans verstarb 1799 in Paderborn und wurde im Paderborner Dom beigesetzt.

An der 1000-Jahr-Feier der Übertragung der Reliquienüberführung im Jahre 1836 konnte das Domkapitel von Le Mans nicht teilnehmen. 1802/03 hatte das Fürstbistum seine Eigenständigkeit an das protestantische Preußen verloren. Zum 1050. Jubiläum im Jahr 1896 gab es Korrespondenz zwischen Le Mans und Paderborn und Genehmigungsanfragen u.a. an die Regierung in Berlin. Doch aufgrund von befürchteten diplomatischen Problemen verzichtete man auf die Einladung.

In der Zeit des aufkeimenden Nationalismus um die vorletzte Jahrhundertwende brachen die Beziehungen zwischen Le Mans und Paderborn weitgehend ab. Doch seit Beginn der 1930er Jahre nahmen die Kontakte wieder zu. 1936 kamen offizielle Kirchenvertreter aus Le Mans zur Teilnahme am Liborifest.

Seit 1954 erleben Paderborn und Le Mans einen regen Austausch und das Aufblühen ihrer Partnerschaft. Im Geiste von PAX CHRISTI werben und wirken die beiden Städte auf vielerlei Ebenen für die Deutsch-Französische Versöhnung.

Hinweis: Herr Gereon Fritz hat ein Buch über die Historie dieser Partnerschaft veröffentlich. Der Titel ist: „Paderborn – Le Mans. Geschichte einer Städtefreundschaft“

PM der „Freunde der Völkerbegegnung“ (FdV)