50.000 m3 Schlamm aus dem Hennesee sollen auf Deponie nach Bestwig

Hochsauerlandkreis. Bestwig. Meschede.

Die Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) war bei Durchsicht des Protokolls der Landschaftsbeiratssitzung stutzig geworden. Es ging in der Sitzung um die vom Ruhrverband schon vor einem ¾ Jahr beantragte Entschlammung eines Teils des Hennesee-Vorbeckens. Diese Maßnahme war offenbar schon vor 4 Jahren geplant, hat sich aber wegen fehlender Entsorgungsmöglichkeiten für den Schlamm bis jetzt verzögert. Da von dieser Aktion auch alles was im Vorbecken lebt betroffen ist, soll – laut Protokoll – vorab eine Artenschutzprüfung durchgeführt worden sein.

Die SBL/FW-Fraktion schickte am 15.11.2016 dem Landrat dazu einige Fragen und Unterfragen. Die Kreisverwaltung beantwortete sie mit Schreiben vom 28.11.2016 wie folgt:

Entschlammung soll im Sommer 2017 erfolgen
Frage 1: Wann soll die Entschlammung des Vorbeckens des Hennesees erfolgen?
Antwort: „Der Bezirksregierung Arnsberg -Talsperrenaufsicht-‚ ist die geplante Entschlammung des Vorbeckens der Hennetalsperre bekannt. Ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren wird allerdings nicht geführt, da das Vorhaben als Unterhaltungsmaßnahme eingestuft wird. Dieses Vorgehen ist landesweit abgestimmt.
Der Ruhrverband hat das Vorhaben deshalb mit den zuständigen Fachdisziplinen der Kreisverwaltung abgestimmt. Nach den mir vorliegenden Informationen des Ruhrververbandes ist die Maßnahme für das Sommerhalbjahr 2017 geplant.“

Ca. 140.000 m3 Schlammablagerungen im Vorbecken
Frage 2: Wie viele Kubikmeter Schlamm fallen dabei voraussichtlich an?
Antwort: „Nach einer hydrographischen Vermessung befinden sich im Vorbecken Schlammablagerungen in einer Größenordnung von ca. 140.000 m3. Im Zuge der nunmehr geplanten Teilräumung sollen ca. 50.000 m3 Sediment dem Vorbecken entnommen werden.“

Außer erhöhter Organikbelastung keine Auffälligkeiten
Frage 3: Mit welchen Schadstoffen und Umweltgiften (beispielsweise Schwermetalle und Nitrat) ist das auszubaggernde Material belastet? (Bitte um genaue Angabe der Stoffe und deren vermutlicher Herkunft sowie der jeweiligen Messwerte!)
Antwort. „Da die Sedimente zur Endgestaltung der Schlammdeponie Bestwig-Velmede des Ruhrverbandes verwendet werden sollen, richtet sich die Zulässigkeit des Einbaus nach der Deponieverordnung (siehe Frage 4).
Aufgrund der aktuellen Analysewerte von 2016 halten die Sedimente – außer bei der Organikbelastung – die Zuordnungskriterien für eine Deponie der Klasse DK 0 nach Anhang 3 der Deponieverordnung ein. Insbesondere die für eine Deponierung maßgeblichen Analysewerte im Eluat bei den Schwermetallen zeigen keine Auffälligkeiten.
Wegen der erhöhten Organikbelastung (TOC 4,6 Masse% TM) wurden ergänzende Untersuchungen zur Gasbildungsrate mittels ATc Teste nach Ziffer 3.3.1.1 des Anhangs 4 der Deponieverordnung durchgeführt. Die Ergebnisse waren unauffällig und führen damit nicht zur Deponiegasbildung, so dass diese Organikbelastung bei der Ablagerung auf der ehemaligen Schlammdeponie Bestwig-Velmede zu vernachlässigen ist.“

Ortswechsel von Meschede nach Bestwig
Frage 4: Wie und wo soll der Schlamm entsorgt werden?
Antwort: „Das aufzunehmende Sediment wird ausschließlich zu den ehemaligen Klärschlammteichen des Ruhrverbandes in Bestwig-Velmede transportiert. Die Deponie wird so im Zuge der Endgestaltung an das Landschaftsbild angepasst. Die eingebauten Sedimente werden zuletzt mit rekultivierungsfähigem Boden abgedeckt.“

Streng geschützte Muschelart nicht gefährdet?
Frage 5: Im Hennesee leben verschiedene Muschel-Arten. Ist beabsichtigt, vor dem Ausbaggern des Vorbeckens wenigstens einen Teil von ihnen aufzusammeln und die Muscheln an anderer Stelle wieder in den Hennesee einzusetzen, damit das Überleben der verschiedenen Populationen gesichert ist? Wenn nein, warum nicht?
Antwort: „Nach den mir vorliegenden Informationen vom Ruhrverband lebt im Vorbecken als Muschelart lediglich die gemeine Teichmuschel. Weder dem LANUV, noch der Biologischen Station oder dem Ruhrverband selbst liegen Informationen über die Größe der Population vor. Das langsame Ablassen des Wasserspiegels im Vorbecken ermöglicht es aber den Teichmuscheln, mit dem sinkenden Wasserspiegel den Räumungsbereich zu verlassen. Die Muschelpopulation wird durch die Teilräumung somit nicht gefährdet.“
Anmerkung: Das sehen Naturschützer offenbar anders. Demnach handelt es sich bei der Gemeinen Teichmuschel um eine streng geschützte Art. Und sie ist nicht in der Lage, dem ablaufenden Wasser zu folgen. Um ihren Bestand zu sichern, müsste zumindest ein Teil der Gemeinen Teichmuschel vorsorglich aufgesammelt und an anderer Stelle wieder in den See eingesetzt werden. Zudem lebt (laut Aussagen von Naturschützern) im Hennesee die Wandermuschel. Sie hätte aufgrund ihrer geringeren Größe aber bessere Chancen, das Ablassen des Wassers zu überleben. Auch das Vorkommen der ebenfalls streng geschützten Großen Teichmuschel halten Naturschützer für nicht ganz ausgeschlossen.

Kein Problem mit Gülle und Antibiotika
Frage 6: Wie beurteilen Sie die Wasserqualität des Hennesees, auch hinsichtlich der möglichen Gülle- und Antibiotika-Belastung der Zuflüsse durch die in Gewässernähe produzierenden landwirtschaftlichen Betriebe? (Bitte um Angabe der genauen Messwerte!)
Antwort: „Die Wasserqualität der Hennetalsperre ist als gut zu beurteilen. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass aus der Hennetalsperre Rohwasser zur Trinkwasseraufbereitung gewonnen wird. ln diesem Zusammenhang betreibt der Wasserversarger in Zusammenarbeit mit dem Ruhrverband ein umfangreiches und intensives Monitoring, das auch die Zuflüsse Henne und Horbach einbezieht. Diese Monitoringergebnisse liegen mir nicht vor; aus den vorstehenden Gründen verweise ich Sie an den Ruhrverband als Betreiber der Talsperre.“

Aktuell kein Antrag auf Bau einer Wasserski-Anlage
Frage 7: Ist der Bau einer Wasserski-Anlage am Hennesee weiterhin beabsichtigt?
Antwort: „Im Zuge der REGIONALE 2013 hat im Jahr 2011 ein Vorgespräch über die Errichtung einer Wasserskianlage auf dem Vorbecken der Hennetalsperre stattgefunden. Für die Zulassung dieser Anlage wäre seitens der unteren Wasserbehörde eine Genehmigung zu erteilen. Ein diesbezüglicher Antrag liegt hier nicht vor und dem HSK liegen keine Informationen darüber vor, ob das Vorhaben noch weiterverfolgt wird.“

Keine Aussagen zu möglichen Umweltgefahren
Frage 8: Wenn ja, wie beurteilen Sie dieses Vorhaben unter natur- und landschaftsschutzrechtlichen Aspekten? (Umweltschützer sehen den Bau einer Wasserski-Anlage am Hennesee kritisch. Sie befürchten u.a. die Zerstörung des Lebensraums von Vögeln.)
Antwort: „Ohne Vorliegen eines entsprechenden wasserrechtlichen Antrages kann das Vorhaben von mir natur- und landschaftsrechtlich nicht beurteilt werden.

PM der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW)