Die Soester Kirche St. Maria zur Wiese im Festjahr 2013

Eine der schönsten gotischen Hallenkirchen Deutschlands feiert ihren 700. Geburtstag

Soest. In diesem Jahr wird die Kirche St. Maria zur Wiese in Soest 700 Jahre alt. Sie ist wesentlicher Bestandteil des weltweit einmaligen Grünsandstein-Ensembles „Altstadt Soest“. Die „Wiesenkirche“ gilt als Krone der westfälischen gotischen Hallenkirchen und als eine der schönsten und bemerkenswertesten Kirchen dieser Art überhaupt. Hier arbeitet auch die einzige Dombauhütte in Westfalen bereits seit 26 Jahren am Erhalt der neogotischen Doppeltürme.

Als im Jahr 1313 Johannes Schendeler den Grundstein für diese Kirche legte, konnte niemand ahnen, welch herausragendes Bauwerk seinen Anfang nahm. Klar war nur, dass die Menschen in Soest, damals eine der führenden und größten Hansestädte überhaupt, eine Kirche bauen wollten, die ihren Stolz und ihr Selbstbewusstsein angemessen zum Ausdruck bringen sollte. Schendeler muss ein genialer Architekt und Baumeister gewesen sein, der bis an die Grenzen des damals Machbaren gegangen ist. Sein Können nötigt auch heute noch den Menschen Respekt ab. Wer erstmals die Kirche betritt, wird sogleich vom Zauber dieses einmaligen Raumes eingefangen. Er wird gebildet von drei Längsschiffen mit je drei Jochen. Nur vier schlanke, stark profilierte Pfeiler ohne Kapitelle tragen mit den Außenmauern das enorme Gewicht der neun Gewölbe in der Halle, in deren Bögen und Rippen sich die Profile der Pfeiler wie selbstverständlich auffächern. Ist man schon von der Eleganz, Leichtigkeit und Transparenz dieses Raumes beeindruckt, so steigert sich die Raumwirkung, wenn man sich den drei Chören nähert. Das kühne Ensemble aus Stein und Glas sucht im weiten Umkreis seinesgleichen. Die Harmonie der beiden Baustoffe zieht die Menschen in ihren Bann. Die zehn gotischen Fenster entstanden wohl in einer eigenen Glasmalerwerkstatt parallel zum Baufortschritt an den Chören. Die Fenster im Hauptchor stammen aus dem 14. Jahrhundert, die in den beiden Seitenchören von Anfang des 15. Jahrhunderts. Nicht minder eindrucksvoll sind die elf Steinfiguren an den Pfeilern des Hauptchores aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie zeigen Jesus und Maria, Apostel und Heilige. Sie runden zusammen mit den vier Altären aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter das Meisterwerk des Heinrich Aldegrever im Südchor, das künstlerisch herausragende Ensemble der drei Chöre ab. 21 weitere Fenster belichten die drei Schiffe und das Westwerk der Hallenkirche. 15 der 31 Fenster des Kirchenraumes durchmessen fast die ganze Raumhöhe und imponieren in der statischen Kühnheit des Steinwerkes mit den Farben und Motiven ihrer Verglasung. Auf der Nordseite sieht man drei weitere historische Fenster, alle gut 500 Jahre alt. Eins davon – über dem Nordportal – ist das berühmteste Soester Kunstwerk, das „Westfälische Abendmahl“. Hier sitzt Jesus mit den zwölf Aposteln bei Pumpernickel, Schinken Bier und Korn. Typisch westfälisch… Die weiteren 18 Fenster stammen aus heutiger Zeit. 17 davon hat um die Jahrtausendwende der Künstler Hans Gottfried von Stockhausen geschaffen, ermöglicht durch Spenden aus der Bürgerschaft. Sie tragen maßgeblich mit dem grünen Stein zur außergewöhnlichen Belichtung und nahezu schon überirdischen Atmosphäre der gotischen Halle bei. Der hohe künstlerische Rang des Bauwerks kann aber nicht verhindern, dass der Zahn der Zeit der Wiesenkirche zusetzt. Der so schöne und einmalige Soester Grünsandstein ist es, der heutiger aggressiver Luft nicht widersteht. Seit 26 Jahren sind die neogotischen Türme eine Großbaustelle. Davon kündet das riesige Baugerüst. Die Steinmetzen der Dombauhütte, der einzigen in Westfalen, tauschen die äußeren verwitterten grünen Steine gegen beigefarbenen Obernkirchener Sandsteine aus, die viel verwitterungsfester sind. Die Arbeiten werden sich noch mindestens ein Jahrzehnt hinziehen. Für die Soester ist der hohe runde Geburtstag Anlass genug, das Jubiläum in einem Festjahr zu begehen. Neben Festgottesdiensten, Konzerten, Vorträgen und weiteren außergewöhnliche Veranstaltungen werden als besonderes Highlight spezielle Führungen angeboten. Man kann auf das Baugerüst mit dem Lift hinauffahren, den Blick über das historische Soest und die Börde streifen lassen sowie die Bauarbeiten aus der Nähe beobachten. Ein Erlebnis, das es so nicht ein zweites Mal in Deutschland gibt. Weitere Informationen zur Kirche St. Maria zur Wiese, zur Westfälischen Dombauhütte sowie zum Festjahr auch im Internet unter www.700jahre-wiesenkirche.de.