Neues Tourismuskonzept soll in Winterberg die Weichen für die Zukunft stellen
Winterberg (Hochsauerland) Mit Rund 1,3 Millionen Übernachtungen und 1,9 Millionen Tagesgäste pro Jahr hat die Ferienwelt Winterberg in den zurückliegenden zehn Jahren einen rasanten Aufschwung erlebt. Um diese Tendenz weiter zu stärken, wird die Winterberg Touristik und Wirtschaft Gesellschaft (WTW) in den kommenden Monaten intensiv an der Fortschreibung ihres Tourismuskonzeptes 2015 bis zum Jahr 2020 arbeiten. Ziel ist es, die Wertschöpfung aus dem Tourismus weiter zu steigern. Die Zahl der Übernachtungen steht dabei, anders als noch 2007, nicht im Focus. Ein Interview mit Tourismusdirektor Michael Beckmann:
- Vor rund acht Jahren hat es schon ein Tourismuskonzept gegeben. Welche Schwerpunkte hatte das?
Winterberg ist das übernachtungsstärkste Reiseziel im touristischen Sauerland und der Winter ist nach wie vor eine besonders besucherstarke Jahreszeit. Ziel war es damals, durch hochwertige Outdoor-Aktivangebote den Schwerpunkt stärker in Richtung „Grüne Saison“ zu verlagern und die Saisonabhängigkeit abzufedern. Diesen Weg hat das erste Tourismuskonzept anhand von zahlreichen Maßnahmen, wie der WinterbergCard plus oder des Trailparks, aufgezeigt und diesen Weg wollen wir konsequent weiter gehen. Eine erfolgreiche touristische Entwicklung baut dabei nicht auf Zufälligkeiten auf. Es geht vielmehr um eine strategische, langfristig angelegte und für alle Partner verlässliche Gesamtstrategie.
- Wie stellen sich die konkreten wirtschaftlichen Resultate daraus dar?
Mehr als 70 Millionen Euro sind innerhalb von zehn Jahren in den Ausbau der touristischen Angebote oder Übernachtungsbetriebe geflossen. Die Investitionen in den Winter waren dabei die Triebfeder für die Schaffung hochwertiger Ganzjahresangebote. Mehr Gäste zogen dabei mehr Umsatz nach sich. Nicht nur bei Hotellerie und Freizeitanlagen, auch bei Handel und Handwerk kommen diese Umsätze an. Das durchschnittliche Jahreseinkommen in Winterberg liegt erfreulicherweise nach den Daten des Landeamtes für Statistik über dem Landesdurschnitt und zum Teil auch über dem anderer Kommunen des Hochsauerlandkreises. Von den touristischen Angeboten und neuen oder modernisierten Anlagen wie dem Kur- und Vitalpark oder der für eine Stadt der Größe Winterbergs einzigartigen Einzelhandelskulisse, dem vielfältigen gastronomischen Angebot, dem neu gestalteten Nuhneursprung in Züschen oder auch dem neuen Ferienpark in Neuastenberg profitieren nicht nur Gäste, sondern auch Einheimische. Durch Umsätze, die der Tourismus auslöst oder durch Investitionen der Verkehrsvereine aus der Beteiligung an den Kurbeitragseinnahmen hat sich auch in den Ortsteilen Winterbergs eine Lebensqualität erhalten, die nicht überall im Sauerland selbstverständlich ist. So sichern die Ausgaben der Gäste die Nahversorgung, wie Bäcker oder Fleischer, in unseren kleinen, touristisch geprägten Ortsteilen.
- Warum will die Ferienwelt Winterberg ihr Tourismuskonzept fortschreiben?
Der Tourismus ist längst einer der wichtigsten Faktoren in der Stadtentwicklung, nicht nur in Winterberg. Da wo sich unserer Gäste erholen und wohl fühlen, leben die Bürger an 365 Tagen im Jahr. Es gibt keine Parallelwelten – hier die Gäste, da die Einwohner. Investitionen in touristische Infrastruktur, ob privat oder öffentlich, sind immer auch Investitionen für unsere Lebensqualität. Damit sichert der Tourismus Einkommen und Lebensqualität für alle. Außerdem müssen wir bei sich ständig verändernden Rahmenbedingungen langfristig unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern. Wir müssen uns, wie andere Wirtschaftsbereiche auch, auf die wechselnden Kundenbedürfnisse einstellen. Allerdings bewegen wir uns im Tourismus in einem sehr kleingliedrig strukturierten Markt. Allein in Winterberg gibt es rund 600 touristische Leistungsträger. Und für die gilt es, mit der Fortschreibung wieder Leitplanken für eine gedeihliche und verlässliche Entwicklung vorzugeben.
- Wie soll die Fortschreibung nun genau vonstatten gehen?
Wir wollen zunächst kritisch überprüfen, wo genau wir heute stehen, was wir erreicht haben, was war erfolgreich und auch, was war nicht erfolgreich. Wo bieten sich uns Chancen und in welche Richtung wollen wir in Zukunft gemeinsam gehen. Wir wollen sozusagen die DNA der Marke Winterberg offenlegen. Dazu werden wir die Menschen an Rhein und Ruhr, in Frankfurt oder auch in Hannover fragen, wie sie uns eigentlich sehen, welches Bild sie von uns haben. Der Blick in den Spiegel ist da sicher zu wenig. Und natürlich geht es um das Image, wen wir künftig als Gäste ansprechen und welche Geschäftsfelder wir genau bearbeiten wollen. Dann erst können wir festlegen, wo wir künftig investieren werden. Das Ganze natürlich auch auf Basis der Marktforschungsergebnisse des Sauerland Tourismus und des NRW-Tourimus. Passieren soll das in einem kommunikativen Prozess, der alle Leistungsträger mit einbezieht. Nicht nur die, die direkt vom Tourismus leben, sondern auch den Einzelhandel und die Dienstleister.
- Das klingt nach einem sehr aufwendigen Abstimmungsprozess. Was genau versprechen Sie sich davon?
Unternehmer, Privatleute und die öffentlichen Akteure sollen sich gemeinsam engagieren und eine Sache vorantreiben, hinter der sie alle stehen. Dann nutzen wir vorhandene Potenziale optimal. Dann entsteht eine Mitmachkultur. Und dann geht der Kreislauf von Investition und Reinvestition weiter, der einen Standort dauerhaft attraktiv macht. Sicher, wir haben gemeinsam bereits viel erreicht, allerdings gibt es auch noch viel zu tun. Letztendlich hat jeder jetzt wieder die Chance, die Geschicke der Ferienwelt Winterberg und Leitlinien der touristischen Arbeit, für die nächsten Jahre mitzugestalten. Die Gestaltung einer touristischen Destination wie der Ferienregion Winterberg und Hallenberg nur von oben nach unten, das ist nicht zielführend. Wichtig ist, dass wir die Menschen mit auf die Reise nehmen, dass wir sie für die touristische Entwicklung begeistern.
- Damit würde dann die inhaltliche Ausrichtung feststehen. Allerdings verändert das Internet die Rahmenbedingungen fortlaufend in einer enormen Geschwindigkeit. Inwieweit geht das Tourismuskonzept darauf ein?
Der digitale Wandel hat das Leben und Arbeiten längst nachhaltig verändert und wird es weiterhin tun. Darauf müssen wir sämtliche Kommunikationswege, intern wie extern einstellen. Der technologische Fortschritt macht nicht Halt. Im Gegenteil, was wir heute als digitale Revolution erleben, ist schon bald völlige Selbstverständlichkeit. Auch da müssen wir die Weichen so stellen, dass wir für die Zukunft gut aufgestellt sind. Auf der Grundlage des Tourismuskonzeptes werden wir dazu eine eigene digitale Strategie entwickeln. Diese soll nicht für die Arbeit der WTW und die touristischen Dienstleister wichtige Impulse setzen, auch für den lokalen Einzelhandel sie wichtige Weichen stellen