Streifzüge durch Neheimer Parkzonen
Marianne Lenninghaus (Bingel) tritt nach 40 Jahren als Politesse in den Ruhestand ein
Arnsberg. 40 Jahre, das ist eine lange Zeit. Wenn jemand vier Jahrzehnte auf der gleichen Position arbeitet – und diese Aufgabe zudem stark in der Öffentlichkeit verwurzelt ist – dann ist er oder sie irgendwann bekannt. Und so ist es kein Wunder, dass nur wenige Neheimer nichts mit dem Namen „Marianne Bingel“ anzufangen wissen. Marianne Bingel, die seit ihrer Hochzeit Lenninghaus heißt, kennt beinahe jeder, denn sie ist seit 40 Jahren kontinuierlich als Politesse im Dienste der Stadt Arnsberg unterwegs. Und anders als viele Klischees und Vorurteile dieser Berufssparte besagen, ist Marianne Lenninghaus äußerst beliebt und bei den Neheimer Bürgern geschätzt. Und so ist es für viele auch ein großer Abschied, wenn Frau Lenninghaus in dieser Woche ihre letzten Tage als Politesse auf den Neheimer Straßen „patroulliert“ – denn sie geht nun in ihren wohlverdienten Ruhestand.
„Viele sprechen mich auf der Straße an und tauschen sich mit mir darüber aus, dass ich bald nicht mehr in dienstlicher Funktion hier unterwegs sein werde“, berichtet Lenninghaus. „Das rührt mich natürlich. Auch ich kenne mittlerweile die meisten Gesichter und auch viele der dazu gehörigen Geschichten“, berichtet sie. Denn Marianne Lenninghaus hat unter ihrer Aufgabe als Politesse immer mehr verstanden als das „bloße“ Knöllchen verteilen: Sie hat zugehört, war offenes Ohr, Ansprechpartnerin für die Sorgen und Gedanken der Neheimer – ein bekanntes Gesicht einfach, das gerade ältere Menschen gerne für einen kleinen Plausch angesprochen haben. „Sofern dafür ein paar Minuten Zeit waren, habe ich mir die auch genommen“, sagt Lenninghaus. „Teil meiner Aufgabe war es in vielerlei Hinsicht, flexibel zu sein und eigene Einschätzungen zu treffen. Man muss dann einfach menschlich handeln und denken.“
Das gilt beispielsweise auch für den regelmäßigen Fall, dass Bürger dazukommen, während die Politesse gerade ein Knöllchen für falsches Parken ausstellt. „In dem Fall versuche ich natürlich, dem Autofahrer nicht knallhart einen Strafzettel aufzudrücken, sondern ich weise darauf hin, was falsch gemacht wurde und lasse hier je nach den jeweiligen Umständen durchaus auch Milde walten“, berichtet Lenninghaus. Schließlich gehe es bei ihrer Arbeit nicht um bloßes Bestrafen, sondern vielmehr darum, den Autofahrern nachhaltig zu vermitteln, warum sie mit ihrer Parkweise gegen die Regeln verstoßen.
„Den Spagat zwischen den Interessen des Gesetzgebers und den Sorgen und Nöten der Bürger bzw. Autofahrer hat Marianne immer bravourös gemeistert“, erklärt Ulrich Betkerowitz, Leiter des städtischen Ordnungsamtes und damit Vorgesetzter von Marianne Lenninghaus, die bei vielen alteingesessenen Bürgern weiterhin als „Bingel“ bekannt ist. Dass Marianne Lenninghaus und Ulrich Betkerowitz ein herzliches Verhältnis zueinander pflegen, merkt schnell, wer beide zusammen erlebt. Sympathie und Respekt beruhen auf Gegenseitigkeit: „Ich war immer sehr dankbar dafür, einen Chef wie Uli zu haben, der mir den Rücken stärkt und sich vor mich stellt, wenn das mal nötig ist“, erklärt Lenninghaus. Mit „nötig“ meint sie Situationen, in denen Autofahrer ausfallend auf einen Strafzettel reagieren, Drohungen aussprechen, die Kontrolle über ihre Worte verlieren. „Aber das ist zum Glück nur selten passiert“, berichtet Lenninghaus. „Im Normalfall sind die Bürger sehr freundlich, bitten um Nachsicht, reden ruhig mit mir. Aus diesem Grund habe ich meinen Job auch immer sehr, sehr gerne ausgeübt.“
Was ist es konkret, das den Reiz dieses Arbeitsplatzes für sie ausmacht? Eine ganze Menge: „Ich bin den ganzen Tag lang an der frischen Luft, ich kommuniziere viel mit Menschen, treffe viele bekannte Gesichter und habe zudem den Spielraum, Entscheidungen auch nach eigenem Ermessen zu treffen. Die Kombination dieser Faktoren hat mir immer sehr viel Freude bereitet“, erklärt Lenninghaus. Dass das keine leeren Worthülsen sind, erkennt, wer mit Frau Lenninghaus durch ihren Bereich in der Neheimer Innenstadt streift: Die Menschen erkennen sie, grüßen sie. „Das wird mir schon fehlen“, so Marianne Lenninghaus. „Natürlich werde ich der Stadt privat erhalten bleiben, aber ein Abschied ist es dennoch.“