Ausgewiesene Vorrangfläche ist nicht substantiell – Im weiteren Verfahren bestehen hohe Risiken
Sundern (Hochsauerland) Einer der schwierigsten Entscheidungen hatte der Fachausschuss Stadtentwicklung in Sundern am 2. Dezember zu entscheiden. Sie berührt die Menschen der ganzen Stadt. Es geht um die Ausweisung der Vorrangflächen für die Windenergie. „Ich hätte mir gewünscht Bürgermeister Lins hätte hier eine klare Beschlussvorlage vorgelegt. Ich hätte mir gewünscht, der Bürgermeister hätte sich klar positioniert. So hat er uns 2500 Seiten vorgelegt und die ehrenamtlichen Ausschussmitglieder allein gelassen“ kritisiert Michael Stechele, Fraktionsvorsitzender der SPD die Abwesenheit des ersten Bürgers der Stadt bei dieser schwierigen Entscheidung. Im Laufe der Sitzung stellte letztendlich die Verwaltung klar, dass sie drei Flächen für besonders geeignet hält, und nur in der Kombination aller drei Flächen der Windenergie genügend Raum zur Verfügung gestellt würde.
Die SPD wollte eine Entscheidung herbeiführen die rechtssicher ist und dabei möglichst konfliktarm. Die SPD wollte so viel Fläche ausweisen wie nötig, um Rechtssicherheit zu erlangen. Die SPD wollte so wenig Fläche wie möglich ausweisen, um die Eingriffe in die Natur und die Belastungen für die Menschen möglichst gering zu halten. Für niemanden ist eine Energieproduktionsanlage ein optischer Gewinn. Für alle ist der Ertrag aber nutzbar. „Wir wollen Verantwortung übernehmen, auch wenn dies diesmal keinen Spaß macht. Wir sind dafür gewählt worden“, erläuterte Stechele das Ziel der SPD.
Größte fachliche Herausforderung für die Parlamentarier ist der Begriff „substantielle Fläche“. Ist die ausgewiesene Fläche aus Sicht eines Gerichts nicht substantiell, dann wird dieses Gericht die Planungen stoppen. Stechele geht dabei davon aus, dass die Gerichte ihre Entscheidung immer im Lichte des Grundgesetzes treffen. Aus dem Art. 12 des Grundgesetzes leitet sich nicht nur die Berufswahlfreiheit ab, sondern auch die Gewerbefreiheit. Grundsätzlich kann in Deutschland jeder jedem Gewerbe nachgehen. Ihn daran zu hindern muss substantiell begründet sein, etwa dadurch, dass die Grundrechte anderer eingeschränkt werden oder andere höher zu bewertende Interessen dem entgegenstehen. Die Beschränkung der Gewerbefreiheit ist nur zulässig, soweit sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich ist, d.h. soweit der Schutz von Gütern in Rede steht, denen bei sorgfältiger Abwägung der Vorrang vor dem Freiheitsanspruche des einzelnen eingeräumt werden muss, und soweit dieser Schutz nicht mit weniger belastenden Mitteln gesichert werden kann. „So sperrig sich dies anhört, so kompliziert ist das“, vermutet Stechele.
Um die Entscheidung fundiert zu treffen hat sich die SPD Fraktion die Gebiete genau angesehen, viele Gespräche geführt, die Flächensteckbriefe intensiv studiert und die Bewertungen der Verwaltung nochmals in einer Synopse zusammengefasst. Anschließend wurden die Flächen in ein Punktesystem übertragen. Wenn man dann in einem zweiten Schritt bei den fünf Kriterien die für die Menschen von besonderer Bedeutung sind, die Punktzahl gewichtet, wird die relative Eignung von Flächen deutlich. Einzig die südlichen Waldflächen Ost in Kombination mit der Hellefelder Höhe West, erscheinen den Sozialdemokaten im Rat hinreichend substantiell. „Wir glauben, dass dieser Vorschlag am unteren Rand des Lösungsraumes einzuordnen ist“, bewertet Stechele den eigenen Vorschlag selbstkritisch. „Wer darunter geht, macht sich auf alle Fälle angreifbar.“ Leider konnte sich die SPD damit nicht durchsetzen. Die WISU hat gegen alles gestimmt. CDU und Grüne haben sich gemeinsam für die kleinste Lösung entschieden. Ursprünglich wollten sie nur Hellefelder Höhe Mitte, ließen sich aber von den Überlegungen der SPD überzeugen, Hellefeld Höhe West mit zu berücksichtigen.
Aus Sicht der SPD ist das weitere Verfahren kritisch. Jetzt beginnt das Offenlegungsverfahren. Danach muss der Fachausschuss sich noch einmal mit den Einwänden der Bürgerinnen und Bürger befassen. Der Rat wird dann im Frühsommer abschließend über die Ausweisung der Flächen entscheiden. „Und hier gibt es wegen der Befangenheit vieler CDU Mitglieder wahrscheinlich keine Mehrheit für einen Beschluss die Hellefeld Höhe Mitte auszuweisen, “ befürchtet Stechele, „und dann fangen wir von vorne an“. Deshalb hat die SPD gemeinsam mit den Grünen eine Vertagung der Entscheidung auf die nächste Ratssitzung beantragt. „In diesem Fall macht es Sinn, den Rat am Anfang des Prozesses zu beteiligen, damit zu Beginn und zum Ende des Verfahrens die gleichen Mehrheiten gegeben sind“.
SPD Sundern