Freiheit statt Angst: PIRATEN warnen vor Überwachung in Meschede

Laut dem Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters der Stadt Meschede, Jochen Grawe, plant die Verwaltung Teile der Innenstadt mit Kameras zu überwachen. Die Aufnahmen sollen nach 48 Stunden ungesehen gelöscht werden und im Falle von Straftaten nur an Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte weiter gegeben werden. Die Piratenpartei im HSK lehnt die Planungen der Stadt Meschede ausdrücklich ab.

„Hier wird zu tief in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen. Wer garantiert oder kontrolliert gar, dass die Aufnahmen ungesehen nach 48 Stunden gelöscht werden? Wir haben große Zweifel an dieser Aussage. Videoüberwachung bekämpft keine Kriminalität, sondern sie schränkt uns in unserer Freiheit ein.“, so Daniel Wagner, Büropirat im HSK und Sprecher für den West-Hochsauerlandkreis.

Die Piraten im HSK sehen zumal eine Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht gegeben. Nach §15a des Polizeigesetzes NRW kann die Polizei einzelne öffentlich zugängliche Orte durch Bildübertragung beobachten. „Im § 15a ist ausdrücklich nur von der Polizei die Rede, die Stadt darf somit überhaupt nicht den öffentlichen Raum überwachen. Weiterhin müssen die überwachten Orte in ihrer Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigen. Wir sehen dies nicht gegeben und zweifeln hiermit die Rechtmäßigkeit dieses Projektes an.“, so Julius Hahn, Basispirat.

Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW und der Landesdatenschutzbeauftragte zweifeln ebenfalls die Rechtsmäßigkeit dieses Projektes an. Die Stadt Meschede möchte die überwachten Bereiche deutlich kennzeichen, da so jeder selbst entscheiden könne, ob er den überwachten Bereich betritt oder nicht.

Daniel Wagner, Sprecher für den West-Hochsauerlandkreis, weiter: „Nicht Jeder kann entscheiden, ob er einen Bereich betritt oder nicht. Nehmen wir mal die Bahnunterführung als Beispiel: Sie ist für Fußgänger wichtig um von der Nordstadt in die Innenstadt zu gelangen. Menschen die nicht gut zu Fuß sind, sind also auf die Unterführung angewiesen.“

„Durch Videoüberwachung wird den Bürgern eine Sicherheit vorgegaukelt, die praktisch nicht vorhanden ist. In vielen Fällen wurde bereits die Erfahrung gemacht, dass Kameras nur in geringem Maße abschrecken. Statt in Technik sollte das Geld lieber in Personal für die Polizei investiert werden, damit diese häufiger auf Streife gehen kann.“ so Florian Otto, Büropirat im HSK und Sprecher für den Ost-Hochsauerlandkreis. „Da ein Missbrauch der gesammelten Daten nie ganz ausgeschlossen werden kann, können hiervon auch schnell Menschen betroffen sein, die heute noch denken, sie hätten nichts zu verbergen.“, so Otto weiter.

Hintergrund:

Gegen Vandalismus und Graffiti: Stadt

Meschede schlägt Videoüberwachung vor

Meschede. Mit geöffneter Henne, Freitreppe zum Wasser und dem Hennepark als Ort für die ganze Familie: Die Mescheder Innenstadt hat sich in den vergangenen Monaten zu einem Ort mit „Wohlfühl-Qualität“ entwickelt – diese einhellige Reaktion erhalten die Verantwortlichen immer wieder sowohl von Einheimischen wie auch von Gästen der Kreis- und Hochschulstadt. Und damit die Bürgerinnen und Bürger auch dauerhaft etwas von „ihrem“ Stadtzentrum haben, schlägt die Stadtverwaltung vor, in Teilen der Innenstadt eine Videoüberwachung zu installieren.

 

„Damit wollen wir Sachbeschädigungen und Vandalismus vorbeugen“, argumentiert Jochen Grawe, Leiter des Fachbereichs Ordnung und Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters. Konkreter Anlass: In der Vergangenheit hatte es immer wieder Beschädigungen in Form von Vandalismus und Graffiti gegeben. So wurden zum Beispiel die Bodenstrahler in der Unterführung oder metallene Schilfkobolde im Hennepark zerstört oder die „Hennestiege“ am Winziger Platz und die neue Johannesbrücke mit Graffiti „verunziert“. Das sind keine „Dummejungenstreiche“, betont Jochen Grawe: „Es handelt sich um Zerstörungen mit teilweise erheblichem Sachschaden – es kostet viel Geld, das zu beseitigen.“ Die Empörung in der Bevölkerung war riesig – gefasst werden konnten der oder die Täter jedoch nicht.

 

Mit einer Videoüberwachung setzt die Stadt Meschede darauf, dass Vandalismus erst gar nicht entsteht. „Überwachte Bereiche werden eindeutig gekennzeichnet“, so Fachbereichsleiter Grawe: „Jeder, der sich trotzdem hier an städtischem Eigentum ,auslässt‘, weiß, dass er aufgezeichnet wird.“ Sollten die Bürgervertreter dem Vorschlag der Stadtverwaltung folgen, könnten im Jahr 2014 – sofern die entsprechenden Mittel im Haushalt bereitgestellt werden – die Bahnunterführung, die „Hennestiege“ am Winziger Platz und der Hennepark per Video überwacht werden.

 

Durch das Gesetz wäre ein solcher Schritt gedeckt: Danach sind Beobachtung und deren Speicherung von öffentlich zugänglichen Bereichen mit entsprechenden Anlagen möglich, soweit dies dazu dient, das Hausrecht wahrzunehmen. Das Hausrecht betrifft dabei die Möglichkeit, über die Benutzung eines geschützten Raumes zu verfügen – inklusive Beobachtungen, die dazu dienen, Straftaten zu verhindern. Dauerhaft gespeichert werden dürfen die Daten nur zu Beweiszwecken – „ansonsten werden die Aufzeichnungen spätestens nach 48 Stunden ungesehen gelöscht“, betont Jochen Grawe.

 

Umgesetzt werden soll die Videoüberwachung in enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten des Hochsauerlandkreises. Für alle weiteren Fragen wird es eine Dienstanweisung geben – zum Beispiel, welche Datenträger genutzt werden und welche Mitarbeiter Zugang zu den Aufzeichnungen haben. Weitergegeben werden dürfen solche Daten ohnehin lediglich zu Beweiszwecken – an Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gerichte.

 

Und es sei eigentlich nicht das Ziel, Sprayern und Straftätern auf die Spur zu kommen, betont Jochen Grawe: „Unser Ziel ist es, dass es gar nicht erst zu Vandalismus und Sachbeschädigungen kommt.“ Deshalb werden die Hinweise auf die Videoüberwachung auch deutlich sichtbar angebracht: „Jeder kann sich dann frei für oder gegen das Betreten entscheiden.“ Zudem unterstreicht Fachbereichsleiter Grawe, dass eine Videoüberwachung nur ein Bestandteil einer weitergehenden Strategie sein kann, um sich Sprayern und Vandalen entgegenzustellen: „Das ist eine Aufgabe für alle Bürgerinnen und Bürger. Jeder, der Vandalismus oder Sachbeschädigung beobachtet, kann dies bei Stadtverwaltung oder Polizei melden und so einen Beitrag dazu leisten, dass aus Steuergeldern geschaffene öffentliche Einrichtungen in dem Zustand bleiben, in dem sie sein sollen.“

 

Welche Kosten für eine Videoüberwachung nötig sind, ermittelt die Stadtverwaltung zurzeit. Thema ist das Vorhaben zunächst am 15. Oktober im Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Umwelt sowie im Haupt- und Finanzausschuss, bevor am 17. Oktober der Rat entscheidet. Alle Sitzungen sind öffentlich.