Arnsberg. Die Stadt Arnsberg schließt sich der Erklärung „Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gegen Antisemitismus“ des American Jewish Committee Berlin an. Bürgermeister Ralf Paul Bittner hat die gleichnamige Erklärung – auch stellvertretend für die in Arnsberg engagierten Menschen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen – am Mittwoch, 26. Mai, unterschrieben.
Entschieden gegen Diskriminierung
„Wir tragen als Stadt, aber auch als Gesellschaft, eine besondere Verantwortung dafür, uns gegen Antisemitismus auszusprechen. Deshalb bin ich sehr dankbar dafür, dass viele Vereine und Engagierte vor Ort Haltung zeigen und sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen“, betont Bürgermeister Ralf Paul Bittner, der zu diesem Anlass vom Jägerverein Neheim 1834 e. V. in die Alte Synagoge eingeladen wurde. Gemeinsam mit Oberst Heinrich Veh und Ehrenoberst Hubert Cloer (Vertreter des Jägervereins), Heimatforscher Werner Saure, Alicia Sommer (Historikerin und 2. Vorsitzende Heimatbund Neheim-Hüsten e.V.) und Stefan Wulf (städt. Fachdienstleitung Zuwanderung & Integration) bekräftigte er die Bedeutung, sich immer wieder entschieden gegen Diskriminierung egal welcher Art einzusetzen.
Integration und Gemeinschaft im der alten Synagoge
„Uns ist es wichtig, dass sich die Menschen mit der jüdischen Geschichte und dem Thema Antisemitismus auseinandersetzen“, betont Heinrich Veh das Engagement, das den Jägerverein seit dessen Gründung prägt. Im Jahr 2001 hatte der Verein das Gebäude der Alten Synagoge erworben – und würdigte damit zugleich das Wirken von Noah Wolff. „Er war unter anderem Mitbegründer des Jägervereins und ab etwa 1850 Vorsteher der jüdischen Gemeinde Neheims“, erläutert Hubert Cloer. Als „Haus Neheimer Jäger“ ist es heute der Mittelpunkt des Vereinslebens und kann – ganz im Sinne der Gründungsväter der „Jäger“ – von allen Neheimer Bürger*innen für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden, die Integration und Gemeinschaft fördern.
Jüdische Geschichte sichtbar machen
Dazu gehört es auch, die jüdische Geschichte Arnsberg sichtbar zu machen. Zu den engagiertesten Menschen vor Ort zählt Werner Saure, der als ehrenamtlicher Heimatforscher vor vielen Jahren damit begonnen hat, die Historie jüdischen Lebens in Arnsberg aufzuarbeiten. „Die Zeitzeugen werden immer weniger, weshalb es umso wichtiger ist, die Erinnerung an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte zu bewahren“, so Werner Saure. Über sein eigenes Engagement lernte er vor einigen Jahren Alicia Sommer kennen, die damals im Rahmen eines Schulprojekts die Geschichte der Familien erkundete, deren Grabsteine des ehemaligen jüdischen Friedhofs bei der Renaturierung der Ruhr wiederaufgefunden wurden. Im Heimatbund Neheim-Hüsten führt sie diese Arbeit heute weiter fort. „Es ist die Aufgabe meiner Generation und der folgenden, dass die Erinnerung bewahrt und unsere Vergangenheit aufgearbeitet wird“, weiß Alicia Sommer. Das bekräftigt auch Stefan Wulf: „Die Aufklärung ist essenziell, um auch für das Thema Antisemitismus zu sensibilisieren.“
Der Beitritt zur Initiative „Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gegen Antisemitismus“ soll ein weiteres sichtbares Zeichen dafür sein, dass sich die Stadt Arnsberg mit all ihren engagierten Bürger*innen nachhaltig für die Prävention und den Abbau von Antisemitismus und ein friedliches Zusammenleben aller Menschen einsetzt. Bürgermeister Ralf Paul Bittner: „In Arnsberg ist kein Platz für Hass und Antisemitismus. Das möchten wir mit aller Entschiedenheit sagen. Deshalb müssen wir immer wieder gemeinsam für Toleranz und Menschlichkeit eintreten.“
Hintergrund
Das American Jewish Committee (AJC) startete im Juli 2015 die Kampagne, die kommunale Repräsentant*innen und Bürgermeister*innen in Amerika und Europa dazu aufruft, ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen. Seitdem sind deutschlandweit über 90 Bürgermeister*innen der Initiative beigetreten.
Das AJC wurde 1906 in New York von amerikanischen Juden deutscher Herkunft gegründet mit dem erklärten Ziel, jüdische Sicherheit zu wahren sowie Demokratie, Menschenrechte und Völkerverständigung weltweit zu fördern.
Mehr Informationen: https://ajcgermany.org/de
Die Erklärung im Wortlaut:
Wir, die Unterzeichnenden, erkennen an, dass wir in einem globalen Zeitalter leben. Unsere Städte und Gemeinden sind, unabhängig von ihrer Größe, Teil der Weltgemeinschaft. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind so gut vernetzt, wie nie zuvor. Lokale Ereignisse können weltweite Auswirkungen haben.
Uns ist außerdem bewusst, dass wir als gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten eine besondere Rolle bei der Sicherstellung eines friedlichen Zusammenlebens aller Einwohnerinnen und Einwohner unabhängig von religiösen und politischen Einstellungen und kulturellem Hintergrund in unseren Gemeinden spielen. Denn der Erfolg einer jeden Stadt und Gemeinde basiert auf der Zusammenarbeit aller dort lebenden Menschen.
Deshalb bringen wir unsere große Sorge über die alarmierende und weltweite Ausbreitung des Antisemitismus zum Ausdruck.
Die Geschichte hat gezeigt, dass Antisemitismus nicht nur ein Angriff auf Jüdinnen und Juden, sondern ein Angriff auf die Grundwerte einer jeden Demokratie und pluralistischen Gesellschaft ist. Wenn die Grundfeste der Demokratie angegriffen werden, dann erfordert es eine gemeinsame und prinzipientreue Antwort.
Wir sind daher ermutigt, dass führende Vertreterinnen und Vertreter aus der ganzen Welt, wie auch der UN-Generalsekretär, gegen das gefährliche Phänomen Antisemitismus Stellung bezogen und Gegenmaßnahmen gefordert haben.
Als gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten tragen wir eine besondere Verantwortung dafür, uns gegen die wachsende Bedrohung des Antisemitismus auszusprechen.
Wir, die Unterzeichnenden,
- verurteilen jegliche Formen des Judenhasses unabhängig ihrer Herkunft;
- stufen auch solche Taten als antisemitisch ein, die aufgrund einer persönlichen, manchmal auch politisch motivierten, Meinung über die Politik und Existenz des Staates Israel ausgeführt, gerechtfertigt und entschuldigt werden;
- erklären Vorurteile gegen Menschen jüdischen oder anderen Glaubens aufgrund ihrer unterschiedlichen Religionen als nicht vereinbar mit unseren Grundwerten;
- unterstützen Bemühungen, die den Kampf gegen Antisemitismus und Hass aufgrund einer Gruppenidentität zum Ziel haben; Bemühungen zum Ausbau von Bildungsprogrammen, einschließlich solcher zum Holocaust, die für das Thema sensibilisieren und Intoleranz und Diskriminierung entgegenarbeiten; zur Annahme und Umsetzung der Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), die unter anderem bereits von verschiedenen europäischen Ländern, dem Europäischen Parlament und dem Außenministerium der Vereinigten Staaten angenommen wurde;
- erkennen an, dass ständige Wachsamkeit geboten ist, um antisemitische Taten und andere Hassverbrechen zu verhindern und zur Anzeige zu bringen;
- glauben, dass Städte und Gemeinden, die ein Klima des gegenseitigen Verständnisses und Respekts fördern, unerlässlich sind für eine verantwortungsvolle Regierungsführung in einer Demokratie. Deshalb verpflichten wir uns dazu, innerhalb und außerhalb unserer Städte und Gemeinden daran zu arbeiten, dass die Werte eines respektvollen Miteinanders gefördert werden und rufen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, andere gewählte Repräsentantinnen und Repräsentanten weltweit dazu auf, sich unserer Überzeugung anzuschließen, dass Antisemitismus nicht mit den fundamentalen Werten der Demokratie vereinbar ist.