Ergebnisse der Fraktionssitzung am 14. April zum geplanten Vogelschutzgebiet bei Brilon und Marsberg
In einer gemeinsamen Fraktionssitzung haben sich BBL und Briloner Grüne bei Experten über die Voraussetzungen und Folgen des bei Brilon und Marsberg geplanten Vogelschutzgebietes (VSG) informiert. Als Gesprächspartner standen Johannes Schröder (Vorsitzender des Naturschutzbeirats und Vorstandsmitglied des VNV) und Werner Schubert (Leiter der Biologischen Station des HSK) zur Verfügung. Nach einem einleitenden Vortrag beantworteten sie in der Diskussion zahlreiche Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, In die Diskussion wurden auch vor der Veranstaltung von Bürgerinnen und Bürgern gestellte Fragen eingebracht.
Wenig Vogelschutzgebiete in NRW
NRW ist keineswegs führend bei der Ausweisung von VSG, denn nur 4,9% der Landesfläche wurden bisher in NRW als VSG ausgewiesen. Im Bundesdurchschnitt sind es dagegen 11,5%, also mehr als das Doppelte.
Insgesamt gibt es in NRW bisher 28 VSG. Die größten VSG in der näheren Umgebung sind Medebacher Bucht und Hellwegbörde, ein kleines die Bruchhauser Steine. Im HSK gibt es bisher 4 VSG.
Der VNV hatte seit 2017 detaillierte Beobachtungen und Kartierungen im Kreisgebiet des HSK vorgenommen. Der VNV verfügt über ausgewiesene ornithologische Experten, mit langjähriger Erfahrung, die auch von anderen Institutionen angefragt werden.
Dabei ergab sich, dass das untersuchte Gebiet bei Brilon und Marsberg für die besonders geschützten Arten Grauspecht, Raubwürger und Neuntöter zu den fünf wichtigsten Gebieten in NRW gehört.
Z.B. wurden 16 Raubwürger-Brutpaare festgestellt; das sind zwischen ein Drittel und der Hälfte des gesamten Bestandes in NRW.
120 km2 Vogelschutzgebiet
Das LANUV als zuständiges Landesamt hat die Angaben des VNV überprüft. Daraus ergab sich der Vorschlag, ein neues VSG mit einer Größe von 120 km2auszuweisen. Diese Fläche umfasst vor allem Wälder und Naturschutzgebiete. Nach Ansicht des VNV ist das vorgesehene Gebiet sogar zu klein, weil es nur einen zu geringen Anteil der Brutpaare der geschützten Vogelarten enthält, z.B. beim Neuntöter weniger als die Hälfte.
Hauptziel eines VSG ist es, die besonders geschützten Vogelarten zu erhalten; es besteht ein „Verschlechterungsverbot“.Dies bedeutet, dass für die wertgebenden und schützenswerten Arten ein positiver Erhaltungszustand erreicht werden soll.
Ein VSG stellt zudem einen prioritären Raum für Fördermaßnahmen dar. So werden Naturschutzgroßprojekte des Bundes vor allem in VSG realisiert, wie z.B. in der Medebacher Bucht geschehen.
Derzeit handelt es sich das vom LANUV ausgewiesene Gebiet bereits um ein sog. „faktisches“ VSG, wegen der zahlreichen dort festgestellten schützenswerten Vogelarten. Hier gilt daher eine Veränderungssperre. Diese ist strenger als die Einschränkungen nach der erfolgten offiziellen Ausweisung als VSG.
Freie Entscheidung für Landwirte
Den Landwirten steht es frei, die Bewirtschaftung ihrer Flächen an das VSG anzupassen. Wenn sie sich zur Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages entschließen, erhalten sie Fördermittel. Falls sie wie bisher weiterwirtschaften wollen, ist dies ebenso zulässig, allerdings ohne Erhalt von Fördergeldern,. Die betroffenen landwirtschaftlichen Flächen liegen weitgehend bereits in Naturschutzgebiet (NSG). Für sie gibt es durch die Ausweisung des VSG mehr Fördermöglichkeiten (Ackerlandstreifen und Grünlandförderung), jedoch keine weiteren Einschränkungen.
Anders ist die Situation für die Forstwirtschaft, für die kaum Fördermöglichkeiten bestehen, wenn es sich nicht gleichzeitig um ein Naturschutzgebiet (NSG) handelt. Für die Wiederaufforstung unserer Wälder bestehen allerdings auch keine weitergehenden Einschränkungen durch die Ausweisung zum VSG.
Die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) ist in einem VSG grundsätzlich nicht zulässig. Für vorhandene Anlagen gilt allerdings ein Bestandsschutz. Für ein Repowering müsste ein neuer Genehmigungsantrag gestellt werden.
Für Bauvorhaben im Außenbereich innerhalb eines ausgewiesenen VSG ist eine sorgfältige Einzelfallprüfung erforderlich. Während der Zeit des „faktischen VSG“ ist dies allerdings noch nicht möglich.
An der für die B7n, von der Briloner CDU und SPD favorisierten (nördlich gelegenen) Variante 1 wurden mehrere besonders geschützte Brutpaare gezählt. Daher ist diese Variante nicht realisierbar. Diese Feststellung hatte die Landesstraßenbauverwaltung allerdings schon vor Beginn der Diskussion über das VSG getroffen und Variante 1 damit bereits vorher schon für nicht in Betracht kommend beurteilt.
Weitere Beratungen über die Stellungnahme zum VSG werden am 4. Mai im Naturschutzbeirat des HSK sowie am 6. Mai und am 2. Juni im Umweltausschuss des HSK erfolgen. Die Städte Brilon und Marsberg haben eine Anwaltskanzlei beauftragt. Sie soll offensichtlich die Städte beraten, wie sich das VSG verhindern lässt. Dieses Vorhaben erscheint nach den Ausführungen der Referenten aber weder sinnvoll noch aussichtsreich.