Sundern. Die Rücktrittsaufforderung der Fraktion Bürger für Sundern an Bürgermeister Brodel (SPD) schlägt in der Röhrstadt hohe Wellen. Die Vorwürfe gegenüber Brodel möchte dessen Stellvertreter im Amt, Jürgen ter Braak (SPD), so nicht stehen lassen. In einem umfangreichen Leserbrief kritisiert er die Vorgehensweise der BfS. Ter Braak: „Ich fürchte der berühmte ‚einfache Bürger‘ versteht das nicht und wendet sich zunehmend mit Grausen“. Hier der Leserbrief im Wortlaut:
„Liebe KollegInnen Ratsmitglieder, wie wäre es, wenn wir mal zur Abwechslung wieder mit Ruhe und im Sinne der BürgerInnen von Sundern zur Sacharbeit zurückkehren?
Erstaunliche Dinge sind veröffentlicht worden
Da sind in den letzten beiden Wochen doch erstaunliche Dinge veröffentlicht worden. Am 15. August wird ein ‚Beschluss auf sofortige Auszahlung der ausstehenden Zuschüsse (an die Stadtmarketing Sundern e.G.) per Überweisung auf das Konto der Stadtmarketing Sundern eG innerhalb der nächsten fünf Werktage‘ gefordert – man achte auf: per Brief ‚beschließen die Unterzeichner mit ihrer Mehrheit im Rat der Stadt Sundern die sofortige Bereitstellung‘. Ein Ratsbeschluss per Brief, ohne Einbeziehung und vorherige Debatte im Rat – so etwas ist mir in den langen Jahren meiner Tätigkeit als Ratsmitglied auch noch nicht vorgekommen. Zumal dieses Thema in den letzten Ratssitzungen mehrfach auf der Tagesordnung stand und die Kämmerin als für die Umsetzung der Haushaltsbeschlüsse verantwortliche Person mehrfach auf die rechtlichen und haushaltsmäßigen Vorgaben hingewiesen hat, die eine solche ‚sofortige Auszahlung‘ aus ihrer Sicht – und nachvollziehbar – nicht ermöglichen. Vielmehr ist Voraussetzung dafür eine konkrete Beauftragung von Marketingmaßnahmen für die Stadt durch den Rat- und die liegt leider (noch) nicht vor.
Und nun die Aufforderung von BfS-Kaufmann an den Bürgermeister zurückzutreten. Eine solche Forderung aufzustellen ist sicherlich das Recht einer jeden Fraktion. Wenn man der Meinung ist, der von der Mehrheit der Sunderner direkt gewählte Bürgermeister habe sich massiver Verfehlungen schuldig gemacht, dann müsste man den in der Gemeindeordnung vorgesehenen Weg über einen Ratsbeschluss gehen.
Rücktrittsaufforderung Recht einer jeden Fraktion
Schaut man sich die Begründung der Forderung an, fragt man sich aber: wo sind hier die Verfehlungen? Begründet wird die Forderung mit der Diskussion um den Tigges-Platz. Gegen diese Planungen zu sein ist ebenfalls gutes Recht eines jeden Ratsmitglieds. Aber dann sollte man auch bei den Fakten bleiben: dass Basis dieser Planungen der Verwaltung ein im Rat (fast) einstimmig verabschiedetes Stadtentwicklungskonzept ist.
Bezogen auf den Tigges-Platz hat der Rat folgende Planungsgrundlage beschlossen: Primär wird angestrebt, auf den städtischen Flächen ein Kultur- und Bildungszentrum zu errichten. Dann geht es wörtlich weiter: ‚Denkbar sind daneben auch private Angebote aus dem Gesundheits- (Medizinisches Versorgungszentrum etc.), Pflege- (Seniorenwohn- oder -Pflegeheim) oder Wohnbereich (z.B. barrierefreier Wohnraum)… Geplant ist, auch gastronomische Angebote in dem Bereich unterzubringen‘.
Aufgabe der Verwaltung ist es, Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Vorgaben aufzuzeigen und dem Rat und seinen Gremien zur Entscheidung vorzulegen. Genau dieses hat die Verwaltung gemacht. Und sie hat damit die Diskussion darüber eröffnet, in die Rat und Bürger der Stadt einbezogen werden. Und diese Diskussion – wie soll der Beschluss des Rates konkret umgesetzt werden? – muss nun geführt werden. Dass der dann in den Gremien eingeschlagene Weg formal ein Fehler war, hat der Bürgermeister selbst in den letzten Tagen zugegeben.
Der potenzielle Investor, der – Zitat Kaufmann – ‚seit 2016 in Sundern herumgeistert‘ will an dieser Stelle übrigens kein ‚größeres Einkaufszentrum‘ errichten, wie die Stellungnahme von Herrn Kaufmann denken lässt. Diese Überlegungen sind nun wirklich ad acta gelegt – so wie es der Bürgermeister 2015 versprochen hat.
Der berühmte „einfache Bürger“ versteht das nicht
Fazit: die Verwaltung versucht, Vorgaben des Rates umzusetzen – und das ist nun der Grund, den Rücktritt des Bürgermeisters zu fordern… das verstehe wer will! Ich fürchte der berühmte ‚einfache Bürger‘ versteht das nicht und wendet sich zunehmend mit Grausen.
Was den ‚exorbitant hohen Krankheitsstand‘ angeht: auch der BfS-Fraktion liegen die konkreten Zahlen vor, die aussagen, dass der Krankenstand von 2015 (im Oktober Amtsantritt des neuen Bürgermeisters) bis 2018 um ca. 10 Prozent gesunken ist.
Und wenn ‚Unzufriedenheit und Unmotiviertheit‘ der Mitarbeiter beklagt werden (zumindest Letzteres halte ich für eine unbegründete Unterstellung!), so sollten wir Ratsmitglieder uns mal fragen, inwieweit unsere Umgehensweise mit der Verwaltung und unsere Art der ‚politischen‘ Auseinandersetzung in den letzten Monaten und Jahren dazu massiv beigetragen haben“.