Hochsauerlandkreis.
Anfrage in Berlin bringt es ans Tageslicht
Aufgrund einer Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion an die Bundesregierung ist jetzt bekannt, wie schlecht es um die Gewässerqualität in Deutschland steht. Die Tagesschau und mehrere Zeitungen berichteten, u.a. die Frankfurter Rundschau.
Medien greifen es auf
Die FR schreibt in ihrer Online-Ausgabe vom 02.04.2018:
„Nur wenige Flüsse und Bäche in Deutschland sind nach EU-Kriterien ökologisch intakt“. Eines der Hauptprobleme sei der Einsatz von Düngern. „Die wenigsten Flüsse und Bäche in Deutschland sind ökologisch in gutem Zustand. In 93 Prozent der Fließgewässer leben nicht mehr die Gemeinschaften aus Fischen, Pflanzen und Kleintieren, die man dort eigentlich vorfinden müsste. Zudem seien 79 Prozent der Fließgewässer durch Ausbau „in ihrer Struktur deutlich bis vollständig verändert“, wie es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen heißt, die der dpa vorliegt. Nur 6,6 Prozent der bewerteten Fließgewässer-Abschnitte sind nach EU-Kriterien ökologisch in gutem Zustand, gerade mal 0,1 Prozent in sehr gutem Zustand. … Laut Umweltbundesamt (UBA) sind die häufigsten Gründe für einen mäßigen, unbefriedigenden oder schlechten Zustand Belastungen aus der Landwirtschaft, etwa mit Dünger oder Spritzmitteln, sowie eine Begradigung, Verbauung oder Unterbrechung durch Wehre. …”
Klick:
http://www.fr.de/panorama/anfrage-der-gruenen-deutsche-gewaesser-in-schlechtem-zustand-a-1478237
Ähnlich berichtet auch der Bayrische Rundfunk (BR 24) und zieht das Fazit:
„Zwar habe sich die Wasserqualität gebessert und Biber und Lachse seien beispielsweise zurückgekehrt. Dennoch gehören Gewässer in Deutschland zu den bedrohten Lebensräumen.“
Die Naturschutzorganisation WWF zitiert BR 24 mit der Aussage, Deutschland betreibe seit vielen Jahren Aderlass mit seinen Fließgewässern. „Es brauche deshalb mehr Geld, mehr Personal und politischen Willen, um Verstöße gegen die bestehende europäische Wasserrahmenrichtlinie etwa durch Industrie und Landwirtschaft zu ahnden.“
Mit Blick in die Zukunft berichtet der Bayrische Rundfunk, aus der Antwort der Bundesregierung ginge weiter hervor, dass beim Bundesumweltministerium derzeit die fachlichen Vorbereitungen liefen, um ein Förderprogramm für Auen zu etablieren. Es sollten dabei Verbundprojekte im Gewässer, am Ufer und an der Aue umgesetzt werden. Und weiter heißt es: „Die Förderrichtlinie solle im Herbst verabschiedet werden. In einer ersten Abschätzung sei von einem Investitionsbedarf von etwa 50 Millionen Euro jährlich über einen Zeitraum von 30 Jahren ausgegangen worden, also insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro.“
Klick:
https://www.br.de/nachrichten/gewaesser-in-deutschland-sind-in-schlechtem-zustand-100.html
Mögliche Gefahrenquellen für die Gewässer im HSK
Aus Sicht der Kreistagsfraktion Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW) gibt es sehr viele Gründe, sich Gedanken und Sorgen um die Qualität der Gewässer im Hochsauerlandkreis zu machen. Schließlich sind sie der Lebensbereich für teils sehr selten gewordene Tiere und Pflanzen. Zudem werden aus Fließgewässern und Grundwasser unsere Trinkwasser-Reservoirs gespeist.
Wo wir beispielsweise Probleme sehen:
Stichwort „Altdeponien“ – Alte Deponien sind in der Regel nicht nach unten abgedichtet. So besteht die Gefahr, dass entsorgte Chemikalien und andere Schadstoffe ins Grundwasser und in Gewässer austreten.
Stichwort „Antibiotika- und Arzneimittelrückstände“ – In den Oberflächengewässern in NRW finden sich neben Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln auch Röntgenkontrastmittel- und Arzneimittelrückstände u.a. auch aus dem Tierarzneimitteleinsatz in landwirtschaftlichen Betrieben wie Puten- und Schweinemästereien. Laut einer Publikation des NRW-Umweltministeriums wird rund
60 % des Trinkwassers direkt oder indirekt Oberflächengewässern entnommen!
Stichwort „Gülle/Nitrat-Belastung“ – Bei einer Leitungswasser-Probe aus Marsberg vom 24.10.2016 lag der Messwert für Nitrat bei 57,48 mg/l und somit über dem Grenzwert von 50 mg/l. Die Analyse erfolgte im Auftrag eines Privatmanns durch einen unabhängigen Labor-Service.
Stichwort „Pflanzenschutzmittel/Pestizide“ – Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) warnte im Dezember 2014 vor Rückständen von Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat oder Prosulfocarb in Weihnachtsbäumen. Diese Agrargifte seien starke Wasserschadstoffe und könnten auch beim Menschen gesundheitliche Auswirkungen hervorrufen. Glyphosat sei zudem akut toxisch für Wasserorganismen.
Stichwort „PFT“ – Wie im Hochsauerlandkreis ja hinreichend bekannt, soll nach Angaben des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) der PFT-haltige Klärschlamm-„Dünger“ der Firma „GW Umwelt“ auf rund 900 Flächen ausgebracht worden sein, besonders viel davon bekanntlich auf einem Acker bei Brilon-Scharfenberg, der von einem kleinen Nebenfluss der Möhne in den Möhnesee entwässert wird. Einzelne Fischproben wiesen erhöhte Gehalte an PFT auf.
Auf dem Höhepunkt des PFT-Skandals im Jahr 2006 empfahl das NRW-Umweltministerium Schwangeren, Säuglingen und Kleinkindern, die in Arnsberg wohnten, vorübergehend kein Leitungswasser zu trinken. Denn Bluttests von Bewohnern Arnsbergs wiesen eine im Vergleich zur Gesamtbevölkerung bis zu achtfach erhöhte PFT-Belastung auf.
Nach 8 Jahren, 2014, wurde die PFT-Belastung zweier privater Trinkwasserbrunnen in Olsberg-Elpe bekannt. Sie war nicht unerheblich. Aus den Brunnen darf unseres Wissens kein Trinkwasser mehr entnommen werden.
SBL/FW fragt bei der Kreisverwaltung nach
Die SBL/FW-Fraktion bat daher per Schreiben vom 10.04.2018 den Landrat bzw. die Kreisverwaltung um Antwort auf einige Fragen bezüglich des ökologischen Zustands der Gewässer im Hochsauerlandkreis:
1. Welche Erkenntnisse hat der Hochsauerlandkreis hinsichtlich des Artenreichtums von Tier- und Pflanzenwelt in Fließgewässern und Seen und Teichen? Hat sich die Anzahl der Tiere und Pflanzen reduziert? Wenn ja, in welchem Maße?
2. Gibt es Anzeichen und Hinweise, die für eine Verringerung der Artenvielfalt sprechen? Wenn ja, welche Tier- und Pflanzenarten in und um die Flüsse, Bäche und anderen Gewässern sind seltener geworden oder sogar nicht mehr nachweisbar?
3. Gibt es Ihres Wissens im HSK noch Fließgewässer, in denen noch die Gemeinschaften aus Fischen, Pflanzen und Kleintieren leben, die man dort eigentlich vorfinden müsste? Wenn ja, welche?
4. Wie ist die ökologische Verfassung von Seen und Stauseen? Wie viele und welche gelten in dieser Hinsicht als gut, als unbefriedigend und als schlecht?
5. Wie unterstützt und überwacht der Hochsauerlandkreis ggf. einschlägige Maßnahmen?
6. Gab es Ihres Wissens in den letzen 10 Jahren Hilfe und Unterstützung von Land, Bund und anderen Kostenträgern zum nachhaltigen Schutz von frei fließenden Gewässern? Wenn ja, welche?
7. In welcher Form unterstützt der HSK die Städte und Gemeinden bei ihren vielfältigen Aufgaben zur „Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen“? Wie läuft das in der Praxis? Erhält der HSK z.B. von den Kommunen Hinweise z.B. auf vermutete Gewässerverunreinigung oder ungewöhnliches Fischsterben?
8. Welche Erfolge hinsichtlich der ökologischen Wasserqualität wurden mit dem durch das Land NRW im Jahr 2008 aufgelegten Programm „Reine Ruhr“ bezogen auf unser Kreisgebiet erreicht?
PM der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW)