Hochsauerlandkreis. Meschede. Gütersloh. Estland.
Was für ein extremes Kontrastprogramm!
Heute erhielt in Gütersloh Toomas Hendrik Ilves den “Reinhard Mohn Preis 2017″ zum Thema “Smart Country – Vernetzt. Intelligent. Digital.” Ilves war von 2006 bis 2016 Staatspräsident in Estland. “Digitalisierung muss jeden Tag aktiv gestaltet werden. Das ist eine Aufgabe, die Gesellschaft und Politik nur im Dialog mit der Wirtschaft lösen können. Ilves hat genau das getan”, hieß es in der Begründung. Estland gilt heute weltweit als digitale Vorzeigenation, wozu Ilves maßgeblich beitrug. Estland bündelte die Digitalisierungsbemühungen der einzelnen Ministerien in einer nationalen Strategie. Als ehemalige sowjetische Teilrepublik hat Estland die frühe und konsequente Digitalisierung auch dazu genutzt, Korruption einzudämmen, den ländlichen Raum infrastrukturell zu fördern und Meinungsfreiheit zu etablieren. Für die Esten ist Internetzugang ein Grundrecht.
In seiner Dankesrede wies Ilves darauf hin, dass mit der Digitalisierung Transparenz, Wohlstand und demokratische Teilhabe gefördert werden. In Estland können fast alle Behördengänge online erledigt werden. Einzige Ausnahmen – laut Ilves – sind Heiraten und Scheidungen…
Morgen tagt in Meschede der Kreistag des Hochsauerlandes. Auf der Tagesordnung steht auch ein Antrag der Piraten auf Erstellung einer Studie zum Thema „Digitale Agenda“, den die SBL/FW-Fraktion bereits im Wirtschaftsausschuss unterstützt hat. Die Studie “soll mindestens folgende Punkte” enthalten:
“Breitbandausbau, Start-Up-Förderung, Aus- und Weiterbildung von Technologiethemen, Open-Data-Strategie des Hochsauerlandkreises, Freifunk als flächendeckendes Infrastrukturprojekt, Förderung von Vereinen technologischem Bildungsschwerpunkt, Förderung und Einsatz quelloffener Software, Einrichtung eines digitalen Bürgerbüros.”
Landrat und Kreisverwaltung empfehlen in ihrer Sitzungsvorlage, den Antrag abzulehnen. Es würde bereits einen “Projektkoordinator” und außerdem eine “Arbeitsgruppe” unter Leitung eines Fachbereichsleiters geben. Tätig seien auch ein “Breitbandkoordinator” und “Förderlotsen”. Und es existiere ein “eGovernment-Masterplan von 2014″. Und mit “Freifunk als flächendeckendes Infrastrukturprojekt” wolle sich der Kreis gar nicht beschäftigen.
Ob uns das wirklich weiterbringt??? Mehr Transparenz und demokratische Teilhabe wären auch im HSK erstrebenswert – wie in Estland. Bisher sind echte Fortschritte der vielen Beauftragten bei der Digitalisierung nicht erkennbar. Der Start neuen Leitstelle für den Rettungsdienst verzögerte sich um mehrere Monate, weil große Datenmengen manuell übernommen wurden. Auch die Daten von 2.000 Feuerwehrleuten wurden manuell in ein neues System eingepflegt. Viele Bürgerinnen und Bürger sind nach wie vor darauf angewiesen, das Kreishaus zu seltenen Sprechstunden aufzusuchen und dafür weite Wege sowie lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen! Von der Möglichkeit, Sitzungen per Stream zu verfolgen, ganz zu schweigen…
PM der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW)