Vortrag über ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation im ländlichen Sauerland

Arnsberg/Neheim. Zu einem Vortrag unter dem Titel „Vergessene Opfer der NS-Diktatur – ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation im ländlichen Sauerland“ sind Interessierte eingeladen am Mittwoch, 21. Februar, in die Stadtbibliothek Neheim. Einlass ist ab 18 Uhr, der Eintritt ist frei.Drei Mordopfer und acht Zwangssterilisationen – so lautet das bisherige Ergebnis einer Forschungsarbeit, mit welcher der Arbeitskreis Dorfgeschichte Voßwinkel aufzeigen kann, wie die Idee der Nationalsozialisten von der „Erbgesundheit und Rassenhygiene“ auch im ländlichen Sauerland umgesetzt wurde. Konkret kann anhand vieler Originaldokumente das Schicksal der Betroffenen in dem Dorf mit seinerzeit ca. 1.300 Einwohnenden beschrieben werden.

„Opfern ein Gesicht geben“

Referent Michael Filthaut, dessen Familie von einem „Euthanasiefall“ betroffen war, hat sich auch aus historischem Interesse mit dem Thema intensiv befasst. In seinem Vortrag beschreibt er die Leidenswege der drei Mordopfer, darunter ein achtjähriges Kind, und dokumentiert beispielhaft das Verfahren eines Opfers der Zwangssterilisation. „Wir möchten den Opfern ein Gesicht geben, auch wenn wir die vollen Namen nicht nennen,“ betont Filthaut.

„Verzeichnis der Unfruchtbarmachungen“ des Kreises Meschede

Weitere Erkenntnisse ergaben sich durch die Entdeckung des „Verzeichnis der Unfruchtbarmachungen“ im Kreisarchiv Meschede im letzten Jahr. Durch die genaue „Buchführung“ des Gesundheitsamtes des damaligen Kreises Arnsberg über diese Verbrechen ist zu sehen, wie viele Menschen aus den einzelnen Orten des Kreises sterilisiert und wo die Eingriffe vorgenommen wurden.Die unerbittliche Umsetzung dieser Ideologie der Nazis von der „Reinheit des Volkskörpers“ wird auch als „Krieg gegen das eigene Volk“ bezeichnet. Das „Rassenpolitische Amt“ sorgte für die Propaganda, Gesundheitsämter erstellten Sippentafeln und beurteilten, welche Menschen „brauchbar“ waren. Erbgesundheitsgerichte verurteilten vermeintlich Erbkranke zur zwangsweisen Unfruchtbarmachung. Darüber hinaus wurden Patientinnen und Patienten der Heilanstalten, die nicht mehr „brauchbar“ waren, als „Ballastexistenzen“ im Rahmen der „Euthanasie“ ermordet.Der Vortrag findet im Rahmen der aktuell laufenden Ausstellungen „Einige waren Nachbarn“ in der Stadtbibliothek Neheim statt und knüpft an das Ausstellungsthema an: Die beschriebenen Fälle ereigneten sich in der Nachbarschaft.  Viele Historiker sehen Zwangssterilisation und „Euthanasie“ zudem als Vorstufe der Entwicklung zum Holocaust.

 

 

 

 

 

 

 

(Quelle: Stadt Arnsberg)