Arnsberg. Manche Strom- und Gasanbieter schieben Verbraucher:innen an Haustür oder während eines Telefonats unbemerkt Energieverträge unter, die diese gar nicht abschließen wollen. Andere preisen günstige Tarife an, die sich in Wahrheit als teure Kostenfalle entpuppen. In der Beratungsstelle Arnsberg melden sich vermehrt Betroffene, die berichten, dass sie auf diese Weise zu einem ungewollten Vertragsabschluss verleitet worden sind. Dabei geht es nicht nur um den Abschluss von Neuverträgen. Auch Bestandskund:innen werden mit fragwürdigen Methoden in teurere Tarife gelockt. „Wer keinen Liefervertrag abschließen will, sollte niemals seine Zählernummer und den aktuellen Energielieferanten preisgeben“, rät Volker Mahlich, Berater in der Arnsberger Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW. „Zusammen mit Namen und Adresse reichen diese Informationen, um einen Anbieterwechsel einzuleiten.“ Der Verbraucherschützer erklärt, was noch zu beachten ist.
Mit welchen Methoden werden Verträge untergeschoben?
Sie klingeln an der Haustür oder rufen an: Manche Energieanbieter versuchen Haushalte im Direktvertrieb zu Vertragsabschlüssen zu bewegen. Und setzen dabei nicht immer seriöse Methoden ein. Diese reichen von der Verschleierung der Vertragsinhalte über falsche Versprechungen bis hin zur Vorspiegelung von Vertragsschlüssen. Es kommt auch vor, dass während eines Werbeanrufs darauf gedrängt wird, ein Vertragsangebot, das parallel per SMS oder E-Mail geschickt wird, sofort zu beantworten und dadurch anzunehmen – auch unter dem falschen Vorwand, dass damit nur die Kontaktaufnahme dokumentiert werde. Das Melden solcher Fälle bei der Verbraucherzentrale oder bei der Bundesnetzagentur, hilft dabei, gegen entsprechende Anbieter vorzugehen.
Wie kann ich mich gegen ungewollte Verträge schützen?
Wer an der Haustür nichts unterschreibt oder nicht auf eine SMS oder E-Mail des Anbieters während eines Werbetelefonats antwortet, kann verhindern, ungewollt einen Vertrag zu schließen. Außerdem ist es ratsam, vorsichtig mit den eigenen Daten und besonders mit der eigenen Zählernummer umzugehen. Für die Erstellung eines Angebots benötigt der Anbieter diese Nummer nicht. Mit der Zählernummer kann aber auch ohne Vertragsschluss ungewollt ein Lieferantenwechsel eingeleitet werden. Dies ist möglich, da für den tatsächlichen Prozess des Lieferantenwechsels lediglich Name, Adresse und Zählernummer benötigt werden. Eine Kundenvollmacht muss nur im Ausnahmefall vorgelegt werden.
Worauf muss ich achten, um erfolgreich einen untergeschobenen Vertrag zu widerrufen?
Stellt sich der Vertragsabschluss an der Haustür oder mittels Fernkommunikationsmittel, wie SMS, E-Mail, Internet, Telefon etc., nachträglich als Kostenfalle heraus, ist rasches Handeln erforderlich. Betroffene sollten so schnell wie möglich nicht nur den neuen Energieliefervertrag, sondern auch die Vollmacht zur Kündigung des Altvertrags gegenüber dem neuen Anbieter widerrufen. Nur so besteht die Chance, dass nach erfolgreichem Widerruf der Altvertrag ungekündigt fortbesteht. Denn grundsätzlich gilt: Wer einen Vertrag an der Haustür oder mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln geschlossen hat, besitzt ein 14-tägiges Widerrufsrecht. In diesem Zeitfenster hat der Neulieferant aber unter Umständen bereits den Altvertrag wirksam gekündigt. Und eine wirksame Kündigung kann durch einen Widerruf nicht beseitigt werden. Die Vollmacht muss also zeitlich vor der Kündigung widerrufen werden. Kündigt der neue Anbieter, nachdem die Vollmacht widerrufen wurde, ist die Kündigung dagegen unwirksam und das Vertragsverhältnis mit dem alten Anbieter besteht zu den ursprünglichen Tarifbedingungen weiter fort. Wer sicher ist, keinen Vertrag abgeschlossen zu haben, muss theoretisch nichts tun. Es kommt allerdings vor, dass Verbraucher:innen unbewusst einen Vertrag geschlossen haben. Daher ist ein vorsorglicher Widerruf immer richtig. Dieser kann formlos erfolgen. Für einen Nachweis empfiehlt es sich, ihn per Fax oder Einwurfeinschreiben zu versenden.
Was mache ich, wenn ich gar keinen Vertrag geschlossen habe?
Es kommt vor, dass Verbraucher:innen ein sogenanntes Begrüßungsschreiben erhalten, mit dem ein Anbieter die Belieferung mit Energie ankündigt, obwohl es zu keinem Vertragsschluss gekommen ist. Hier sollten Betroffene immer den Vertragsschluss gegenüber dem (neuen) Anbieter schriftlich bestreiten. Denn immer dann, wenn ein Anbieter einen Vertragsschluss behauptet, muss er diesen im Zweifel auch beweisen. Vorsorglich sollte auch der Widerruf erklärt werden. Seit dem Sommer 2021 können Strom- und Gaslieferverträge außerhalb der Grundversorgung nicht mehr mündlich, also auch nicht am Telefon, sondern nur in Textform geschlossen werden. Das bedeutet, dass beide Vertragsparteien ihre jeweilige Vertragserklärung (Angebot und Annahme) in Textform abgeben müssen, zum Beispiel per Brief, Fax, E-Mail oder SMS. Übrigens: Wenn der ursprüngliche Vertrag vom neuen Anbieter ohne Vollmacht gekündigt wurde, ist die Kündigung unwirksam und der alte Versorger muss zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen weiterliefern.
(Quelle: Verbraucherzentrale Arnsberg)