Hochsauerlandkreis.
Die RWE-Aktie fällt weiter. Am 29.09.2015 um exakt 17.02 Uhr lag ihr Kurs bei 9,70 Euro. am Morgen eröffnete sie mit 9,14 Euro und fiel dann kurz auf ihr bisheriges Allzeitief von 9,13 Euro. Von da an ging es heute allerdings fast immer bergauf. Und was passiert in den nächsten Tagen? Und welche Auswirkungen haben die „Tiefs“ auf den Hochsauerlandkreis und seine Finanzen?
Um etwas Klarheit über die Folgen des Kursverlusts zu bekommen, schickte die SBL/FW-Kreistagsfraktion dem Landrat am 08.09.2915 eine Anfrage bestehend aus 5 Fragen.
Klick:
http://sbl-fraktion.de/?p=6096
Die Fraktionen die Grünen und DIE LINKE brachten ungefähr zur gleichen Zeit ähnlich lautende Anfragen auf den Weg ins Kreishaus. Alle drei Schreiben wurden mit Datum vom 24.09.2015 vom Kämmerer ähnlich lautend beantwortet.
Die Anfrage der Sauerländer Bürgerliste ist die umfangreichste. Daher stellen wir hier die Antwort der Kreisverwaltung beispielhaft auch für die zwei anderen komplett ein. Vorweg, sie ist nicht so spektakulär wie der Kursverlust der Aktie.
Vorab erst mal eine kurze Zusammenfassung der Antwort des Kämmerers:
• Die letzte Wertberichtigung erfolgte zum 31.12.2013. Angesichts der aktuellen Turbulenzen am Aktienmarkt sieht der HSK keine Veranlassung für eine neuerliche Wertberichtigung.
• Bei der Wertberichtigung handelt es sich nicht um monetäre Verluste.
• Ein Verkauf der Beteiligung stand nie zur Diskussion.
• Bei der Beteiligung des HSK an der RWE AG handelt es sich um eine strategische Beteiligung am Energie-Sektor. Sie liegt in der Zuständigkeit des Kreistags.
• Der Kämmerer sieht wegen der momentanen Marktüberhitzung derzeit keinen Handlungsbedarf.
Und nun das Antwortschreiben ans dem Kreishaus in voller Länge:
„Sehr geehrter Herr Loos,
Ihre mit o.g. Anfrage gestellten Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1 Wie hoch beziffern Sie aktuell die Verluste aus dem Aktien-Nachkauf des Hochsauerlandkreises im Jahr 2009?
Antwort: Der Hochsauerlandkreis hat auf der Grundlage des Kreistagsbeschlusses vom 26.06.2009 (Drcks. 7/1187) ein RWE-Aktienpaket erworben, das zuvor von der ehem. WestLB AG gehalten wurde. Der Erwerb ist durch Paketabschläge wirtschaftlich zu einem Durchschnittskurs von rd. 46 € erfolgt. Die Höhe von Buchverlusten ergibt sich aus dem jeweiligen Berechnungsstichtag.
Frage 2 Wann nimmt der Kämmerer voraussichtlich die nächste Wertberichtigung vor, und in welchem Umfang?
Antwort: Wertberichtigungen sind gem. § 35 Abs. 5 GemHVO vorzunehmen, wenn bezogen auf einen Vermögenswert eine dauerhafte Wertminderung vorliegt. Nachdem zum 31.12.2013 eine Wertabschreibung der mit der RWE-Beteiligung im Zusammenhang stehenden Vermögenspositionen erfolgt ist, bleibt abzuwarten, wann die Voraussetzungen an eine erneute Wertberichtigung gegeben sind. Angesichts der aktuellen Turbulenzen am Aktienmarkt und speziell der auch politisch motivierten Belastungsfaktoren der Energieversorger sehen wir derzeit noch keine diesbezügliche Veranlassung.
Frage 3 Welchen Gesamtumfang für den HSK und die ihm zuzuordnenden Gesellschaften werden dann die Wertberichtigungen auf die RWE-Aktien erreicht haben?
Antwort: Auf die Antwort zur vorherigen Frage wird verwiesen.
Frage 4 Welche Maßnahmen planen Sie, um zu verhindern, dass der Hochsauerlandkreis weitere finanzielle Einbußen durch Wertverluste der RWE-Aktie erleidet?
Antwort: Die Beteiligung des Hochsauerlandkreises an der RWE AG ist seit ihrem historischen Bestehen von den jeweils in der Verantwortung stehenden politischen Gremien des Kreises zu keiner Zeit als Finanzanlage betrachtet worden. Es handelt sich um eine strategische Beteiligung im Energiesektor. Ich weise darauf hin, dass die Behandlung der RWE-Beteiligung des Hochsauerlandkreises im Sinne einer Veränderung eine Angelegenheit ist, die in der Zuständigkeit des Kreistages liegt. Wegen der momentanen Marktüberhitzung sehe ich derzeit keinen Handlungsbedarf.
Frage 5 Falls der Aktiennachkauf 2009 nicht erfolgt wäre und somit der HSK die damit verbunde-nen Verluste nicht realisieren müsste, für wie viele Jahre hätte anstatt dessen
von dem verlorenen gegangenen Geld ein Sozialticket finanziert werden können?
Antwort: Der Hochsauerlandkreis hat mit der zum 31.12.2013 vollzogenen Wertabschreibung Buchverluste realisiert bezogen auf die seinerzeit in der Eröffnungsbilanz aufgrund gesetzlicher Vorgaben anzusetzende, aber aus meiner Sicht zu hoch vorgegebene Bewertung seiner Beteiligung. Bei der Wertberichtigung handelt sich nicht um monetäre Verluste. Ein Verkauf der Beteiligung stand nie zur Diskussion. In Bezug auf das in 2009 erworbene Aktienpaket verweise ich auf die Antwort zu Frage 1 und Frage 4.
Verluste im Sinne ihrer Fragestellung würden nur in dem Fall realisiert, wenn sich der Kreis von einem Aktienpaket trennen würde. Dies ist eine grds. strategische Entscheidung, über die der Kreistag zu befinden hätte. Insoweit erübrigt sich eine hypothetische Beantwortung des Inhaltes Ihrer Frage.“
Dazu einige Anmerkungen:
1. Es ist Augenwischerei zu behaupten, dass der Kreis keine “monetären Verluste” habe. Im Sommer 2009, zum Zeitpunkt des Nachkaufs von RWE-Aktien für 30 Mio Euro, lag der Kurs der RWE-Aktie bei ca. 56,50 Euro. Der aktuelle Kurs beträgt nur noch ein Sechstel. Vor 6 Jahren wurde verfügbares Geld des Kreises ausgegeben; es steht dem Kreis nun nicht mehr zur Verfügung. Wenn die Aktie nicht wieder auf das Sechsfache des aktuellen Wertes steigt, wird das Geld auf Dauer verloren bleiben – und an solch eine Wertsteigerung glaubt kein ernstzunehmender Analyst der RWE-Aktie. Auch die Dividende ist auf nur noch 1 Euro pro Aktie gesunken; weitere Dividendensenkungen sind angekündigt.
2. Die Kursentwicklung hat (fast) nichts mit der aktuellen Entwicklung auf dem Aktienmarkt zu tun. Die Kurssenkungen für die RWE setzten deutlich früher und sehr heftig ein.
3. Sollte tatsächlich jemand glauben, dass es sich bei der “Beteiligung des HSK an der RWE AG … es sich um eine strategische Beteiligung” handele, so ist diese Strategie in allen Belangen völlig gescheitert!
PM der Sauerländer Bürgerliste (SBL/FW)